„Es braucht einen Plan B“

„Es braucht einen Plan B“

Diese Ansicht auf den Kirchturm der Stadtkirche ist in weite Ferne gerückt. Ob an der Rader-/Wupperstraße jemals ein DOC entstehen wird, ist nach dem Gerichtsurteil von Leipzig fraglich.

VON STEFANIE BONA

Das DOC in Lennep ist nach der Gerichtsentscheidung in letzter Instanz erstmal vom Tisch. So ist nach dem gestrigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig allerorten Ratlosigkeit angesagt. Zunächst soll die ausführliche Urteilsbegründung abgewartet werden, dann sollen Gespräche mit dem Investor McArthurGlen folgen, wie und ob überhaupt das Projekt weiterverfolgt werden soll. Dazu müsste wie berichtet ein neuer vorhabenbezogener Bebauungsplan erstellt werden, darüber würde aber erneut sehr viel Zeit ins Land gehen. Ernüchternd waren heute die Reaktionen auf die gestrige Entscheidung. Wir haben ein paar Stimmen eingefangen:

Rolf Haumann, Bezirksbürgermeister von Lennep Foto: LLA Archiv

Zurückhaltend wollte sich zunächst Lenneps Bezirksbürgermeister Rolf Haumann äußern. „Es ist bekannt, dass ich eine etwas andere Meinung als meine Partei beim Thema DOC verfolge“, sagte der Grünen-Politiker. Die Remscheider Bündnis-Grünen hatten als Teil der Ampelmehrheit ein Outlet-Center in Lennep befürwortet. Haumann sah das Projekt eher skeptisch, hatte daraus auch nie einen Hehl gemacht. Dennoch breche er jetzt keines Falls in „Jubelrufe“ aus. „Es wird eine Menge Arbeit auf uns zukommen“, sagte er zur künftigen Entwicklung Lenneps und der Stadt. Einen Plan B habe er mehrfach in den Sitzungen der Lenneper Bezirksvertretung angemahnt. Gespräche müssten nun folgen, an denen er nach Absprache mit Oberbürgermeister Mast-Weisz auch teilnehmen werde.

Heinz-Jürgen Heuser, Bezirksbürgermeister von Lüttringhausen Foto: LLA-Archiv/privat

Sein Lüttringhauser Amtskollege Heinz-Jürgen Heuser (SPD) bedauert den Gerichtsentscheid. Auch wenn sich die Einkaufsgewohnheiten der Menschen wandelten, würde ein DOC Chancen für den Standort eröffnen. Dies sehe man klar bei anderen Centern im Bundesgebiet. Nun müssten schnell Unterredungen erfolgen, die man sicherlich auch stadtteilübergreifend führen könnte. „Gemeinsame Gespräche sind immer vorteilhaft“, so der Bezirksbürgermeister von Lüttringhausen. Das Urteil sei enttäuschend, aber auch nicht überraschend.

Thomas O. Schmittkamp, Vorsitzender von Lennep Offensiv e.V.,
Foto: LLA Archiv/M. Schütz

Für Thomas Schmittkamp, Vorsitzender von Lennep offensiv e.V., ist die aktuelle Entwicklung eine Katastrophe – wirtschaftlich, für den örtlichen Einzelhandel und generell für das Prestige der Stadt Remscheid. „Die Frage ist jetzt: Ist das zu reparieren?“, sagt Schmittkamp. Vielleicht wäre es besser gewesen, direkt nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster den Bebauungsplan unter Berücksichtigung der gerichtlich angemahnten Fehler neu zu erarbeiten. Denn nach der doch recht deutlichen Rechtssprechung der Münsteraner sei zu befürchten gewesen, dass die höhere Instanz in Leipzig genauso entscheiden würde, bilanziert der Jurist Schmittkamp. Sollte sich McArthurGlen entscheiden, an den Plänen festzuhalten, würde ihn persönlich das freuen. „Und das Gros der Menschen in Lennep befürwortet das DOC auch. So ist jedenfalls mein Eindruck nach vielen Gesprächen.“ Nun gelte es zunächst, an die Verbraucher zu appellieren, den Einzelhandel vor Ort zu unterstützen. In Sachen Leerstandsmanagement habe sich ja zumindest in jüngster Zeit etwas bewegt.

Klaus Kreutzer, Vorsitzender des Verkehrs- und Fördervereins Lennep
Foto: LLA Archiv/Mazzalupi

Klaus Kreutzer, Vorsitzender des Verkehrs- und Fördervereins Lennep und des Einzelhandelsverbands für die bergische Region, hat die Verhandlung in Leipzig persönlich verfolgt. Rückblickend habe sich bei ihm der Eindruck eingestellt, dass mit dem Urteil gerechnet werden konnte. „Die Richterin hat wörtlich gesagt: `Hätte die Vorinstanz ein wenig mehr Geduld bewiesen, würden wir heute hier nicht sitzen`. Er sei kein Jurist, aber für ihn habe sich das so angehört, als dass das Urteil erwartbar gewesen sei, wenn es möglicherweise besser begründet worden wäre. Auch von „rustikaler Kritik aus Münster“ an dem Bebauungsplan sei in Leipzig die Rede gewesen. Damit hätte man sich die Revision möglicherweise sparen können, interpretiert Kreutzer die Aussagen der Vorsitzenden Richterin am Bundesverwaltungsgericht. Ob McArhurGlen das Projekt weiterverfolgen werde, sei zumindest fraglich. Mit seinen Gremien in Verein und Verband wolle er weitere Stellungnahmen nun besprechen. Fakt sei aber, dass es für Lennep nun wie auch immer weitergehen müsse und zwar nach dem Motto: „Jetzt erst recht!“ Eine Schwachstelle im Baugesetzbuch zeige das ganze Verfahren deutlich. „Müssen solche Verfahren zehn bis 15 Jahre dauern? Wie soll ein Investor sich darauf einstellen?“ Diesem Problem müsse sich die Politik stellen: „Wir brauchen Planungssicherheit in einem überschaubaren Zeitraum“, so seine Forderung.

Seitens der Ratsfraktionen hat sich die Linke heute Morgen geäußert: „Als DOC-Kritische Fraktion stellt sich bei uns dennoch keine wirkliche Freude ein, angesichts der Tatsache, dass in Remscheid schon wieder große Summen und etliche Ressourcen für die ergebnislose Planung und handfeste Vorarbeiten für ein Großprojekt verpulvert wurden“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Man habe seit Jahren auf die ökologischen, sozialen und infrastrukturellen Probleme und Folgen eines möglichen DOCs hingewiesen aber auch immer wieder betont, dass erst einmal Rechtssicherheit herrschen müsse, bevor die Stadt Geld in Vorarbeiten investiere. Die Forderung, dringend einen Plan B vorzulegen, falls das DOC nicht gebaut werden könne, sei belächelt worden. „Es wurden nicht nur Millionen von Euros in den Sand gesetzt, sondern ein Stillstand der Lenneper Stadtentwicklung in Kauf genommen“, kritisieren die Politiker. Nun müssten gute, kreative und nachhaltige Lösungen für die Weiterentwicklung Lenneps gefunden werden. Auf keinen Fall sollten die Stadt und andere Parteien denselben Fehler begehen und weiter am DOC festhalten. Lennep dürfe keine weiteren Jahre vertrödeln, es müsse „Jetzt“ etwas geschehen.