Gedenken an Kriegsende in Corona-Zeiten
Der Vorstand der Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall hat Schicksale von Remscheidern aufgearbeitet, um an die Opfergruppen des NS-Regimes zu erinnern.
Eine würdige Gedenkfeier war geplant, die vergangenen Freitag, am 8. Mai, in der Gedenk- und Bildungsstätte (GuB) Pferdestall zelebriert werden sollte. An diesem Tag vor genau 75 Jahren endete mit der Kapitulation der Wehrmacht und der Befreiung der letzten noch besetzten Konzentrationslager die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten.
1000 unbearbeitete Akten
„Durch Corona war es uns leider nicht möglich, unsere Veranstaltung aufrechtzuerhalten“, bedauert Vereinsvorsitzender Hans Heinz Schumacher. „Der Gedenktag sollte aber trotz der Pandemie nicht untergehen. Das war uns wichtig.“ Deswegen disponierte der geschäftsführende Vorstand kurzerhand um, und lud zumindest die Presse zu einem coronakonformen Gespräch ein, um an Einzelschicksale Remscheider Bürger zu erinnern, exemplarisch für die verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes.
Neben Hans Hoffmann, einem politisch verfolgten Remscheider, der den Krieg überlebte, Karl Wilhelm Altena, der als Deserteur in Lüttringhausen zum Tode verurteilt wurde und Siegmund Freund, einem ehemaligen jüdischen Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums, der den Krieg überlebte und seiner alten Penne bis heute treu ist, stellte der GuB-Vorstand etwa Pfarrer Ludwig Steil vor. Er ist ein Sohn Lüttringhausens, der mit seinem Schicksal für die Gruppe der Widerständler steht. Er war als Hilfsprediger in der Stiftung Tannenhof tätig und als Vertreter der Bekennenden Kirche den Nazis ein Dorn im Auge, erzählt Francesco Lo Pinto. Nach seiner Festnahme im Herbst 1944 starb Steil zu Beginn des Jahres 1945 im KZ Dachau.
Ein weiteres Schicksal, das eine enge Verbindung mit Lüttringhausen hat, ist das von Magdalena Lavontain, die für die Opfergruppe der Sinti und Roma steht. Die Familie lebte im Gründerhammer, hat Andrea Blesius herausgefunden. Von zehn Familienmitgliedern starben acht in Gefangenschaft in Auschwitz und Dachau. Magdalena und ihre ältere Schwester Wilhelmine wurden befreit. „Die Spuren verlieren sich in Frankfurt“, sagt Blesius. „Wir wissen nicht, ob sie noch leben – Wilhelmine wäre jetzt 100, Magdalena 95 Jahre alt – oder es Nachkommen gibt. Aber es wäre interessant, neue Anhaltspunkte zu bekommen.“ Überhaupt würde sich der Verein über Unterstützung freuen. Weit über 1000 unbearbeitete Akten schlummern noch im Remscheider Stadtarchiv. Wer mithelfen will, die Remscheider Geschichte zur NS-Zeit aufzuarbeiten, kann sich melden, per E-Mail an info@gub-pferdestall.de
Bildquellen
- Der Vereinsvorstand der Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall gedachte anhand einzelner Remscheider Schicksale dem Ende des Zweiten Weltkriegs.: Foto: Segovia