„Diese Dimension ist nicht sozial“

„Diese Dimension ist nicht sozial“

Anwohner des Bahnhofsumfelds in Lüttringhausen hegen große Bedenken gegenüber den Plänen der Stadt, hier Wohnungen für Geflüchtete zu etablieren.

VON STEFANIE BONA

Inzwischen liegt den Anwohnern im Umfeld des Lüttringhauser Bahnhofes eine Planskizze vor, die die Pläne, hier Modulbauten zur Unterbringung von Flüchtlingen zu errichten, konkreter werden lässt. Beim Ortstermin mit unserer Redaktion versichert die Nachbarschaft: „Wir sind keinesfalls gegen Geflüchtete in unserer Nähe. Aber der Platz ist einfach überhaupt nicht geeignet, um hier 180 Menschen unterzubringen. Auch, wenn es um 180 Deutsche ginge, hätten wir große Bedenken“, spricht Andrea Klein das aus, was viele ihrer Nachbarn denken. Wie berichtet, ist der Investor, der vor einigen Jahren den Bahnhof in Lüttringhausen samt angrenzenden Grundstücken erworben hat, mit der Idee auf die Stadt zugegangen, das Areal so umzugestalten, dass hier in Modulbauten auf dem Bahnhofsvorplatz 44 Wohneinheiten und im Bahnhof selbst weitere Wohnungen entstehen. Die Stadtverwaltung würde gerne auf das Angebot eingehen und mit dem Vermieter einen Mietvertrag über zehn Jahre abschließen.

Bäume müssten gefällt werden

Die Anlieger sind jetzt aber nicht zuletzt durch fehlerhafte oder unkonkrete Angaben auf dem vorab eingereichten Bauplan misstrauisch geworden. Bäume sind nicht dort eingezeichnet, wo sie tatsächlich stehen. Insofern würden, anders als in der letzten Sitzung der Bezirksvertretung Lüttringhausen gesagt worden sei, zweifelsohne Bäume gefällt werden müssen. Was zudem erst bewusst wird, wenn man zwischen Bahnhof und benachbarter Bebauung steht: Die Module werden zweigeschossig, also mindestens fünf Meter und vermutlich sogar noch höher sein. Weiterhin müsste zur Abstützung vorgesehener Stellplätze eine bestehende Böschung durch eine Mauer ersetzt werden. Das bedeutet, dass die Anwohner von zwei Häusern direkt vor eine meterhohe Wand schauen, wenn sie aus der Haustür treten oder aus dem Fenster sehen.

Die alte Litfaßsäule links im Bild macht deutlich, wie hoch die Modulbauten geplant sind. Die Säule ist rund drei Metern hoch, die zweigeschossigen Module hätten eine Höhe von mindestens fünf Metern. Foto: Bona

Zwei der Wohnmodule sollen laut Vorstellung des Investors links und rechts neben dem Bahnhof aufgestellt werden. Direkt dahinter verlaufen die Gleise der Bahn, von gegenüber schallt der Krach eines anliegenden Schrottplatzes. „Kann man Menschen solch ein Wohnumfeld zumuten?“, fragen sich auch Sabine und Harald Simon. Und einen weiteren Punkt heben die Nachbarn aufs Tapet: „Hat die Stadt Remscheid tatsächlich eine Handhabe, dass der Bahnhof wirklich saniert wird, wenn die Modulbauten einmal stehen?“ Denn eine Sanierung wäre angesichts des verkommenen Zustands des Gebäudes unglaublich teuer, so ihre Einschätzung. Hier sei seit Jahren nur das Allernötigste gemacht worden.

Fehlende Kommunikation

Dies bestätigen auch die Eisenbahnfreunde, die hier als Mieter einen Treffpunkt und ebenso ihr umfangreiches Archiv platziert haben. Fenster sind zwar eingesetzt, aber nicht eingebaut worden. Es gibt weder Fensterbänke noch Verschalung, der Bauschaum ist noch sichtbar. Geheizt wird mit einem Heizlüfter, der Strom kommt über einen Baustromzähler. Dass der Verein sehr wahrscheinlich ein neues Domizil braucht, haben die Eisenbahnfreunde aus den Medien erfahren. Auch das bedauern stellvertretend die Vereinsmitglieder Lutz Ulrich und Klaus Teders: „Man kann dem Investor nicht vorwerfen, dass er Geld verdienen möchte. Aber eine andere Kommunikation hätten wir uns schon gewünscht.“ Dies kritisieren im Übrigen auch die Anlieger mit Nachdruck.

Diese Planskizze macht gerade bei Anwohnern und den Eisenbahnfreunden die Runde. Foto: bona

Dafür, dass die Stadt in der Klemme steckt, weil sie dringend Wohnraum für neue Geflüchtete bereitstellen muss, haben die sie Verständnis. Und ginge es nur um das Bahnhofsgebäude, das als Wohnraum – auch für Flüchtlinge – ertüchtigt werden würde, gäbe es keine Bedenken. „Aber auf so einem begrenzten Raum in einer Sackgasse, die noch nicht mal 180 Anwohner hat, so viele neue Nachbarn unterbringen zu wollen, ist eine Dimension, die nicht sozial ist“, sagt Andrea Klein. Und sowohl Stadtverwaltung als auch die Politik hätten eine Verantwortung für die zu uns kommenden Menschen, aber genauso für die Bürgerinnen und Bürger, die hier leben und Steuern zahlten.

Lutz Ulrich und Klaus Teders (r.) von den Eisenbahnfreunden müssen sich gegebenenfalls nach neuen Räumen für die Vereinsarbeit umschauen. Foto: bona

Gut zu wissen
Ortstermin
Der Stadtrat hat die Entscheidung über die Pläne vertagt. Die Bezirksvertretung Lüttringhausen will sich nun auch vor Ort ein Bild machen und plant dazu einen Ortstermin.

Eisenbahnfreunde
Die Eisenbahnfreunde suchen ein neues Domizil. Wer etwas anzubieten hat, kann sich telefonisch unter 0157/383 25 403 melden.

Bildquellen

  • Bahnhof Lüttringhausen_bona_05.24_web: LLA Fotos Bona