Wenn Menschen beginnen, zu vergessen

Wenn Menschen beginnen, zu vergessen
Die neue Alzheimer-Angehörigengruppe bietet Betroffenen die Möglichkeit zum Abschalten und Austauschen.

Für den Außenstehenden mag es auf den ersten Blick lustig erscheinen, wenn die ältere Dame im Restaurant, etwa bei einer Urlaubsreise im Ausland, wildfremde Menschen anspricht und wie selbstverständlich auf Deutsch von ihrem Leben erzählt. Vielleicht schauen einige aber auch peinlich berührt weg, wenn der ältere Herr sich an der Kasse des Supermarktes wie ein Kleinkind verhält und die erwachsene Tochter anbettelt, den Schokoriegel mitnehmen zu dürfen. Eigentlich ist es aber nicht lustig. Es ist die Folge der Demenzerkrankung. Die Angehörigen der Betroffenen schmunzeln nicht. Wie gehen sie auf Dauer damit um?

Betroffen: 350.000 Menschen leben mit Demenz
Meistens richtet sich ihre volle Aufmerksamkeit auf den Erkrankten. Allerdings brauchen auch Ehepartner, Kinder und Familienmitglieder, die sich aufopferungsvoll um jene kümmern, die ihre Hilfe am dringendsten benötigen, ab und an Unterstützung, ein offenes Ohr, ein bisschen Anerkennung. Das möchte die neue Selbsthilfegruppe „Alzheimer Angehörigengruppe mit Herz in Remscheid-Lüttringhausen“ bieten. 90 Minuten, in denen sich Betroffene ungezwungen einmal im Monat in gemütlicher Runde austauschen und sich selbst mal in den Mittelpunkt stellen können. Denn die Hingabe für andere kostet viel Energie, weiß Referentin Christine Ullerich. „Achten Sie auf sich. Wenn es Ihnen nicht gut geht, geht es auch den anderen, um die Sie sich kümmern, nicht gut“, sagt die Expertin. Es tue gut, in einer Gruppe Erfahrungen zu teilen. Die neu gegründete Gruppe, die vom Landesverband Alzheimer-Gesellschaft NRW und dem ihr angeschlossenen Projekt „SeDum“ (Selbsthilfe im Bereich Demenz unterstützend ermöglichen) begleitet wird, ist ein kostenloses Angebot. „Hier können Menschen zusammenkommen und untereinander netzwerken, sich austauschen“, erklärt Pia Breulmann vom Landesverband der AlzheimerGesellschaft NRW. Viele Gruppen hätten sich in den vergangenen Jahren gegründet, mit wachsendem Erfolg. „Die Nachfrage wird immer größer.“ Allein in Nordrhein-Westfalen mit knapp 18 Millionen Einwohnern leben 350.000 Menschen mit Demenz. Zwei Prozent der derzeitigen Bevölkerung also. Mit zunehmendem Alter steigt zudem die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken. „Mit meinem Mann kann ich schon lange kein vernünftiges Gespräch mehr führen“, sagt eine betroffene Angehörige nachdenklich, die künftig das Angebot der Selbsthilfegruppe annehmen möchte. „Wenn ich anfange, etwas zu erzählen, spricht er einfach dazwischen und redet über etwas ganz anderes.“ Die fehlende Kommunikation und der hohe emotionale Druck, der auf den Angehörigen laste, seien die größten Probleme, die in der Selbsthilfegruppe zur Sprache kämen, sagt Ullerich.

Ab dem 16. Oktober trifft sich die Alzheimer-Angehörigengruppe mit Herz jeden dritten Mittwoch im Monat, von 17 bis 18.30 Uhr, in der Senioren-Tagespflege „Beim Lenchen“, Ritterstraße 31. Das Angebot ist kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen gibt es „Beim Lenchen“ telefonisch unter 02191/ 37 67 960 oder per Mail an beim-lenchen@web.de 

Bildquellen

  • Die Gruppenleiterinnen Ann-Catrin Stratmann, Claudia Konrad und Asita Mehrgani mit Referentin Christine Ullerich sowie Pia Breulmann (v.l.) Landesverband Alzheimer Gesellschaft NRW: Foto: Segovia

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