„Musik erfreut und bewegt“
Musikerin und Dirigentin Ulrike Donner bringt musikalische Qualität ins Dorf. Mit dem Kulturkreis.jetzt hat sie trotz Lockdown für kulturelle Lichtblicke gesorgt.
Für Ulrike Donner (56) gehört die Musik wie die Luft zum Atmen zum Leben. Seit sie elf Jahre alt ist, spielt sie Flügelhorn, später kam auch das Klavier dazu. Die gebürtige Wuppertalerin war 1977 das erste weibliche Mitglied des Posaunenchors Lüttringhausen und ließ sich im Rahmen der Nachwuchsarbeit für den Chor zur Chorleiterin ausbilden, übernimmt hin und wieder unter anderem Vertretungen. Seit 2013 ist sie zudem Dirigentin für den Posaunenchor Remlingrade-Dahlerau. Und das alles neben ihrem Vollzeitjob als Beraterin bei der Kassenärztlichen Vereinigung Düsseldorf. Ehrenamtlich engagiert sie sich seit über 20 Jahren dafür, dass Kultur und vor allem Konzerte aller Art in Lüttringhausen stattfinden können. Ihre beiden Kinder, die Berufsmusiker Maren sowie Jan Donner, haben ebenfalls schon viele Auftritte im Dorf absolviert. Im Interview spricht sie über die Bedeutung von Musik und die Herausforderungen für die Kultur durch die Coronakrise.
Frau Donner, Musik bestimmt einen großen Teil Ihres Lebens. Warum ist das so wichtig für Sie?
Donner „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“ (Nietzsche). Musik kam zu mir über die Lieder meiner Eltern und Großeltern, auch von meinem Bruder an meiner Wiege gesungen. Bei uns zu Hause wurde zu vielen Gelegenheiten gesungen, etwa Volks- und Wanderlieder, Mundorgel und Choräle. Die Lieder und deren Texte sind bis heute für mich ein riesiger Schatz. Musik und die Auseinandersetzung damit ist für mich ein Bereich der Bildung, der weit über Wissen und Können hinausgeht: Besonders die sozialen Aspekte und die Ausbildung sozialer Kompetenzen halte ich für bedeutsam. Dabei hat die ganze Bandbreite von Anfängern allen Alters, engagierten Laienmusikern bis hin zu Profis ihren Platz und ihre Berechtigung. Im Rahmen meiner Möglichkeiten möchte ich Musik auf niederschwelligem Niveau zugänglich machen und Möglichkeiten des Ausprobierens bieten. Insbesondere jungen Menschen mit Spaß an der Musik weiterführende Angebote aufzuzeigen und sie ein Stück des Weges zu begleiten, liegt mir am Herzen; ein Stück der eigenen Begeisterung und damit, was ich von Menschen, die mich angeleitet und unterrichtet haben auf meinem musikalischen Weg, weitergeben.
Warum haben Sie sich für das Flügelhorn als Instrument entschieden?
Donner Ha – zunächst war es klassisch: Mir wurde das Instrument in die Hand gegeben, das gerade frei war und zu meiner Körpergröße zu passen schien. Nach einem vorübergehenden Wechsel zum Waldhorn habe ich mich später ganz bewusst wieder für das Flügelhorn entschieden, weil es einen weichen und warmen Klang hat und in der Melodiestimme der menschlichen Gesangsstimme sehr nah ist.
Was ist das Besondere am Dirigentin-Dasein?
Donner Dirigentin zu sein, bedeutet für mich viel mehr als bei Proben, Gottesdiensten und Auftritten vor dem Chor zu stehen. Immer wieder Werke zu finden, die dem Chor eine Herausforderung bieten, ohne zu überfordern, und nach der Investition von Zeit und ein wenig Anstrengung richtig Spaß machen, ist mein Ziel. Ich freue mich sehr, wenn dies gelingt und der Chor sich weiterentwickelt und manchmal sogar ein bisschen über sich hinauswächst. Das macht auch die Bläserinnen und Bläser zufrieden Die Menschen im Blick haben und die Fähigkeiten der einzelnen fordern und fördern, gehört für mich unabdingbar dazu. Ein Posaunenchor ist eine soziale Gemeinschaft – auch die gilt es gemeinsam mit dem Vorstand zu „dirigieren“. Ein Posaunenchor ist eine altersgemischte Gruppe – von 10 bis über 80 – da sind die Musikwünsche unterschiedlich. Traditionen wahren und weitergeben und dabei die aktuelle Entwicklung der Literatur nicht verpassen – dies ist eine ständige Gratwanderung. Nicht selten kommen Wünsche und Anregungen auch von den Mitgliedern.
Was macht Ihnen denn mehr Spaß? Selbst spielen oder andere dirigieren?
Donner Das kann ich gar nicht sagen – ich mache beides gern. Als Bläserin bin ich Teil des Ganzen, was ich genießen kann. Als Dirigentin habe ich die Möglichkeit, etwas zu entwickeln und auch methodisch etwas auszuprobieren. Der entscheidende Unterschied liegt sicher in der „Verantwortung“ für das musikalische Ergebnis.
Vor welche Herausforderungen stellt Sie die Coronakrise? Wie beeinflusst sie das kulturelle Treiben?
Donner Hier wurde ja zunächst alles abgesagt und wir haben nach alternativen Möglichkeiten gesucht, zum Beispiel ein Online-Konzert für den Kulturkreis. Hier hatten wir mehr Klicks als bei manchen Konzerten Zuhörer. Auch im Posaunenchor Lüttringhausen sind durch die Initiative und technisches Know-how von Marc Brüninghaus digitale Projekte gestartet worden, deren Ergebnisse sich hören lassen. Es gilt auf die fast täglichen Veränderungen zu reagieren und zu schauen, was gehen kann und darf.
Sie haben den Kulturkreis bereits erwähnt. Sie sind seit 20 Jahren dafür ehrenamtlich aktiv. Warum?
Donner Es macht mir Spaß, das kulturelle Leben am Ort mitgestalten zu können und den Menschen vor Ort Angebote von Musik zu machen, für die sie vielleicht sonst in die Stadt oder gar bis nach Köln oder Düsseldorf reisen müssten. Musik erfreut und bewegt die Menschen. Dies zu sehen ist jedes Engagement wert.
Gibt es eine Veranstaltung, die Ihnen noch besonders in Erinnerung geblieben ist?
Donner Ja, das waren Konzerte, bei denen die Kirche randvoll war, wie zum Beispiel das Konzert mit der Brassband der Folkwang Universität der Künste in Essen und von BrassCination unter der Leitung von Prof. Ulrich Haas. Bis auf den letzten Platz besetzt war auch der CVJM Saal bei einem gemeinsamen Konzert junger Künstler, die aus Lüttringhausen stammen.
Was kommt denn beim Lüttringhauser Publikum gut an, was findet eher weniger Anklang?
Donner Das „breite“ Publikum in Lüttringhausen hört gerne Musik mit Wiedererkennungseffekt. Dennoch gibt es auch eine Zuhörerschaft für klassische Konzerte mit hohem Anspruch und vielleicht sogar experimentellen Anteilen. Wichtig ist für mich, mir selbst einen Zugang zu der Musik zu verschaffen und damit auch die Zielgruppe erkennen zu können. Im Rahmen von Konzerten rund um das Thema Blechbläser in allen Variationen ist dies für mich natürlich einfach.
Welche Veranstaltung würden Sie gerne einmal in Lüttringhausen anbieten können?
Donner Schon lange habe ich die Idee, ein Konzert für Kinder mit ihren Eltern und/oder ihren Großeltern zu machen. Hier gab es ein Mini-Format, im Rahmen der Nacht der Kultur 2017, welches gut angenommen wurde. Hierzu fehlt mir noch die Konkretisierung und die zündende Idee für Inhalte und der gute Zugangsweg.
Welche Schwerpunkte wollen Sie künftig im Kulturkreis setzen?
Donner Hier möchte ich gar keine Vorhersagen machen. Ich bin immer auf der Suche nach Ideen und Projekten. Sie sollen etwas mit Lüttringhausen zu tun haben und für die Lüttringhauser sein.
Das Gespräch führte
Anna Mazzalupi
Bildquellen
- Ulrike Donner: Foto: Juudo