Lockerung als Lichtblick

Lockerung als Lichtblick
Bewohner von Seniorenheimen konnten lange keinen Besuch empfangen, zum Schutz vor dem Coronavirus. Im Haus Clarenbach gab es trotzdem Covid-19-Fälle. Die Situation ist aber im Griff.

Ruth Armbruster wohnt seit über zwei Jahren im Haus Talblick, einer Einrichtung der Haus Clarenbach gGmbH. Wie die übrigen 41 Senioren der Wohngruppen musste sie wochenlang auf Besuch ihrer Familie zum Schutz vor dem Coronavirus verzichten. Die Wiedersehensfreude war aber umso größer. Seit Muttertag sind Besuche unter strengen Hygiene- und Sicherheitsregeln wieder möglich.

Maßnahmen greifen
Auf der kleinen, überdachten Terrasse an der Remscheider Straße wurde ein Begegnungsort geschaffen. Maximal neun Besuchstermine pro Tag gibt es nach vorheriger Anmeldung, 30 Minuten Zeit zum Austausch stehen zur Verfügung. Alle drei Kinder von Armbruster waren bereits da. „Ich habe mich sehr gefreut“, betont sie mit einem Leuchten in den Augen. Das Lächeln wird durch die Maske verdeckt. „Ich bin froh, dass ich das Dingen nicht ständig tragen muss“, ergänzt sie lachend. Ihren Humor hat die 76-Jährige nicht verloren.

Die Kinder mal wieder richtig zu sehen, statt nur zu telefonieren, habe richtig gutgetan. Trotz Mundschutz haben sie sich wiedererkannt, sagt sie lachend. Eins, räumt die Seniorin ein, fehle ihr dann doch: die Berührungen. Das geht aufgrund der Corona-Pandemie nicht.

Denn der Schutz der betagten Bewohner stehe an erster Stelle, betont Einrichtungsleiterin Silke Lehmann-Wieden. Jeder Besuch birgt auch ein Risiko. Deshalb trennt ein langer Tisch Familienmitglieder und Bewohner. Mundschutz und Handdesinfektion sind Pflicht, ebenso wie die Angabe der Daten zur Nachverfolgung. Das Konzept, das nach dem Beschluss der Landesregierung schnell aus dem Boden gestampft werden musste, wurde in den vergangenen Tagen noch optimiert. Das Angebot werde gut angenommen, berichtet Ergotherapeutin Dora Liesenfeld vom Sozialen Dienst. Für Berufstätige gibt es auch Besuchsmöglichkeiten am Abend. „An Muttertag gab es rührende und emotionale Momente“, erzählt Lehmann-Wieden. Tränen der Wiedersehensfreude seien geflossen.

„Die Lockerungen sind ein klarer Lichtblick für die Bewohner“, fügt Dora Liesenfeld hinzu. Die Zeit der Isolation war für viele Bewohner nicht einfach. Mit mehr Angeboten des Sozialen Dienstes wurde Abwechslung im Alltag geschaffen. „Die Bewohner sagen, sie haben den Zweiten Weltkrieg überlebt, das stehen wir auch noch durch“, erzählt die Ergotherapeutin.

Im benachbarten Altenheim Haus Clarenbach müssen sich die aktuell 74 Bewohner und ihre Angehörigen leider noch gedulden. Wann genau die Regelung gelockert werden kann, ist noch offen. Denn noch vor Muttertag wurden Corona-Fälle in der Einrichtung bestätigt – die ersten in einem Remscheider Altenheim. Bei insgesamt sieben Bewohner sowie sechs Mitarbeitern wurde Covid-19 nachgewiesen.

„Die erste Aufregung war groß“, gibt Einrichtungsleiter Andreas Wigger zu. Doch Heimaufsicht, Gesundheitsamt und Einrichtung haben schnell und richtig reagiert, um den Infektionsherd einzudämmen. Die infizierten Bewohner wurden auf die ab- geschirmte Infektionsstation verlegt, wo sie unter erhöhten Sicherheitsauflagen betreut werden; die betroffenen Mitarbeiter in häusliche Quarantäne geschickt.

Sechs der Bewohner sowie vier der Mitarbeiter sind aktuell in Quarantäne. Grundsätzlich zeigten die Betroffenen milde Symptome und Verläufe, erklärt Wigger. Eine multimorbide Bewohnerin jedoch verstarb leider – ob nun mit oder an dem Coronavirus, kann man nicht eindeutig sagen. „Trotzdem sind wir im Verhältnis glimpflich davon gekommen“, sagt Wigger. Dank der Stadt habe es auch keinen Mangel an Schutzausrüstung gegeben. Jegliches Heimpersonal wurde etwa sofort mit FFP2-Masken ausgestattet.

Dass das Konzept für den Worst Case gegriffen hat, bestätigt auch Sozialdezernent Thomas Neuhaus, Leiter des städtischen Krisenstabes. Im Vergleich zu anderen Kommunen habe man in Remscheid keine Engpässe an Schutzkleidung. Über die Isolierung und Testung habe man den Ausbruch in Lüttringhausen schnell in den Griff bekommen. „Da sind wir noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen“. Das sei auch der Disziplin der Bürger sowie des Pflegepersonals zu verdanken, lobt Neuhaus. Dennoch: „Es ist nicht ganz vollständig zu verhindern, dass es das Virus auch in eine Pflegeeinrichtung schafft“, sagt er. Unentdeckte, stille Infektionsfälle können theoretisch zum Ausbruch in einer Einrichtung mit Risikopatienten führen, merkt Neuhaus an.

Eine tägliche Symptomkontrolle – dazu zählt unter anderem das Messen von Fieber – erfolge deshalb nach wie vor im Haus Clarenbach, erklärt Wigger. Sollte ein Verdachtsfall bestehen, kann im Heim selbst auf das SARS-CoV-2-Virus getestet werden. In die Durchführung der Tests wurde das Personal eingewiesen, Teströhrchen für Einzeltestungen sind vor Ort.

Bildquellen

  • Silke Lehmann-Wieden, Bewohnerin Ruth Armbruster, Ergotherapeutin Dora Liesenfeld und Andreas Wigger (v.l.) auf der Besucherterrasse von Haus Talblick.: Foto: Mazzalupi

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