Jüdisch-deutscher Dialog: Das Gespräch darf nicht abbrechen
Manchmal geht die Verständigung der Kulturen durch den Magen – nämlich dann, wenn es um landestypische Zutaten und Gerichte geht. Vieles, etwa Bulgur oder Couscous, gehört heute auch zum deutschen Alltag. Essen ist etwas, über das man leicht ins Gespräch kommt. Es ist ein unstrittiges Thema. Das braucht es, um im Dialog zu bleiben, sagt Barbara Rudolph.
Unstrittige Themen
Die Oberkirchenrätin aus Düsseldorf war im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus auf Einladung der Ökumenischen Initiative Lüttringhausen und des Katholischen Bildungswerkes zu Gast in Lüttringhausen. Im Rathaussaal referierte sie unter dem Titel „Wenn das Gespräch ausbleibt, wächst der Rassismus. Von der Schwierigkeit, einen jüdisch-palästinensisch-deutschen Dialog zu führen“ über die Möglichkeiten, den Dialog aufrecht zu halten. Seit Jahrzehnten bemüht sich die Evangelische Kirche um einen Dialog in Israel, wo die Situation zwischen Israelis und Palästinensern aufgrund des Nahost-Konflikts besonders angespannt ist. Auch als Deutscher ist das Gespräch in Israel schwierig. Kritik am Staat wird oftmals direkt als antisemitisch charakterisiert.
Die Theologin plädierte in der nach dem Vortrag folgenden Diskussion mit den Teilnehmern dafür, lieber nur über unstrittige Themen zu sprechen, als kompletten Stillstand zu akzeptieren. Denn gerade durch unproblematische Dinge wie die Teilnahme an den vielfältigen, kulturellen Veranstaltungen jüdischer Gemeinden, fände man einen Zugang zueinander. Auch eine gemeinsame Sprache öffne Türen zum Dialog.
Tabuisierung und Konflikte, da stimmte sie mit der Meinung der Gäste überein, dürfte allerdings nicht gänzlich ignoriert werden. Um diese Dinge anzusprechen, sei der „Safe Space“ eine gute Lösung. Mit dieser Art des moderierten Dialoges habe die Kirche bereits zum Bereich Homosexualität gute Erfahrungen gemacht. In einem sicheren Raum dürfen die Teilnehmer ihre Meinung wertfrei und ehrlich äußern. In diesem Raum gibt es nichts, dass falsch sei, erklärte Rudolph das Prinzip, das sich zudem auch bei Workshops in Jerusalem bewährt habe.
Entscheidend für den jüdisch-deutschen Dialog ist die Überwindung des Traumas aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Täter- und Opferrollen seien sogar noch heute in den Köpfen verankert, betonte Rudolph. Erst langsam entwickle sich mit der neuen Generation ein anderes Bewusstsein. Junge Israelis leben gerne in Berlin, unabhängig von der Historie, und genieße das Leben in Deutschland und mit den Deutschen.
Die Akzeptanz einer Zweit-Staaten-Regelung in Israel könnte ein erster Schritt auf dem langen Weg zu Frieden sein, erklärte die Oberkirchenrätin mit Blick auf den Nahost-Konflikt. Auf der Landessynode 2016 habe sich die Kirche dafür stark gemacht. Die Entscheidung trifft jedoch die Politik.