Dr. Jochen Hippler referierte über Krieg und Frieden
Die „klassischen Kriege“ führen zum absoluten Kollateralschaden. Politikwissenschaftler Dr. Jochen Hippler zeigt im Rahmen der „Hasenberger Vorträge“, warum Waffen heute keinen Sinn ergeben. Hippler ist Politikwissenschaftler und Friedensforscher am Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen. Vor über 30 Jahren promovierte er in Politikwissenschaft und war 1985-1990 sowie 1998/99 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag.
Sein thematischer Schwerpunkt ist der Zusammenhalt von politischer Gewalt, Governance und politischen Identitäten. Regional setzt er seinen Fokus auf den Nahen und Mittleren Osten, plus Afghanistan und Pakistan. Kriegsführung, wie sie vor 100 Jahren praktiziert wurde, hat heute ihre Wirkung verloren und führt stattdessen zu Chaos, weiteren Kriegen und Kollateralschäden.
Drei Kriegsfaktoren
Der Saal im Gemeindehaus Hardtstraße war sehr gut besucht, die Gäste hörten gespannt zu, wie Kriege heutzutage gewonnen werden könnten. „Die konventionellen Kriege werden durch drei Faktoren entschieden: Masse (je mehr Soldaten, desto besser), Feuerkraft (moderne Panzer gegen Pfeil und Bogen) und Mobilität“, sagte Hippler. Der Irakkrieg war eine völkerrechtswidrige Militärinvasion der USA. 2003 wurden ausgewählte Ziele in Bagdad bombardiert, das führte zur Eroberung der Hauptstadt und zum Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein.
„Doch was passierte danach?“, fragte Hippler in die Runde, „Bush wollte eine Demokratie bilden, doch die Möglichkeit, die Macht zu übergeben war gering. Es gab weder eine Partei noch eine Gewerkschaft.“ Hippler kritisierte die Vorgehensweise von Bush, der nach Kriegsende US-Soldaten in den Irak schickte, die für Ordnung sorgen sollten. „Die Macht wurde an Schiiten, Kurden und andere religiöse Gruppen übergeben. So entstand ein Wettkampf der Konfessionen“, sagte der Wissenschaftler und zeigte die Bilanz der Besetzung. Zahlreiche Bürgerkriege entstanden, die um die Macht kämpften, tausende Terroranschläge und Gewaltkriminalität, sowohl irakischer Gruppen gegeneinander als auch gegen die westlichen Besatzungstruppen.
„Jeder Gemüsehändler hatte zwei Kalaschnikows unter seinem Tresen – aus Angst“, verriet Hippler, der mit zahlreichen Einheimischen gesprochen hatte. Seine Gespräche mit US-Soldaten“, sagte er, „sie kümmerten sich weder um den Wiederaufbau, noch um die Infrastruktur, die sie selbst zerstört hatten.“ Der Aufstand in der Bevölkerung führte letztendlich zur Entstehung des Islamischen Staats. „Daher hat eine Waffengewalt mit tausenden Soldaten keinen Frieden geschaffen. Wir müssen die Diskussion über Krieg und Frieden neu überdenken“, warnte Hippler am Ende.