Benvenuti a Remscheid
Dietmar Volk (l.) und Maria Papaianni (r.) sind stolz über die Erfolge ihrer gerade frisch examinierten Pflegekräfte: Natale Gerace (2.v.l), Erminia Lerose (M.) und Antonino Nieli (2.v.r.) stammen aus Italien und haben in Lüttringhausen ihre Ausbildung absolviert.
VON STEFANIE BONA
Bei der Suche nach den dringend benötigten Fachkräften für den Pflegebereich geht die Evangelische Stiftung Tannenhof neue Wege. Jetzt haben die ersten drei Absolventen aus Kalabrien ihr Examen abgelegt und setzen ihren Berufsweg in verschiedenen Klinikbereichen fort. Natale Gerace wird in der geschützten Station tätig sein, wo unter anderem Menschen mit Schizophrenie oder Borderline-Syndrom behandelt werden. Und Erminia Lerose und Antonino Nieli widmen sich künftig den Patientinnen und Patienten der Gerontopsychiatrie, also den Seniorinnen und Senioren mit psychiatrischen Erkrankungen. Alle haben die Prüfungen im ersten Anlauf bestanden und das, obwohl sie vor etwas mehr als drei Jahren noch kein Wort Deutsch verstanden, geschweige denn gesprochen haben.
Gelebte Willkommenskultur
„Das Thema Fachkräfte haben wir schon lange erkannt und sind recht analytisch vorgegangen, um hier gegenzusteuern“, erklärt Dietmar Volk, Kaufmännischer Direktor der Stiftung. Bereits vor zehn Jahren habe man sich mit der Alterspyramide innerhalb der Beschäftigten auseinandergesetzt. Wann gehen wie viele Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand? Wie viele neue Pflegekräfte bildet die stiftungseigene Pflegeschule in jedem Jahr aus? Und kann man die entstehende Lücke, die durch den demografischen Wandel entsteht, damit kompensieren? Die klare Antwort: Nur mit der üblichen Zahl der Absolventen und durch Neueinstellung von fertig ausgebildeten Mitarbeitenden nicht! So ging der Blick ins Ausland. Schaue man sich aber um falle auf, dass es Menschen aus entfernteren Teilen der Erde schwerer falle, sich in Deutschland zu integrieren. Zu unterschiedlich seien im Vergleich die Lebensgewohnheiten und die kulturellen Eigenheiten. Dies bestätigten auch eigene Erfahrungen: „Pflegeschüler aus Asien zum Beispiel, haben noch ihr Anerkennungsjahr absolviert, danach hat es sie aber wieder in die Heimat gezogen“, so Volk. So schaute er sich bei den eigenen Mitarbeitenden um. 22 Nationen seien hier vertreten, darunter eine größere Gruppe aus Süditalien. Und genau hier setzte die Stiftungsleitung an. Es folgten Reisen in die Region, der Austausch mit Politik und Verwaltung dort wurde gesucht und ein Büro im kalabrischen Cirò Marina eröffnet, das von Tannenhof-Mitarbeiterin Maria Papaianni jeweils über längere Zeit besetzt wird. Als Muttersprachlerin und Sprachwissenschaftlerin mit Uni-Abschluss kümmert sie sich vor Ort um die Akquise, die Bewerbungsverfahren, die Auswahl und auch um die sich anschließenden Intensiv-Sprachkurse. „Uns war klar: Wir müssen junge Leute ansprechen, die eine Perspektive für sich suchen“, erklärt Dietmar Volk. Denn die gebe es im südlichen Italien für die junge Generation kaum. Der Pflegeberuf zum Beispiel könne nur über einen universitären Bildungsweg erreicht werden, was sich viele Familien aus finanziellen Gründen nicht leisten können. Natale war Feuerwehrmann, sah aber eher in der Pflege oder Medizin seine Zukunft. Die 27-jährige Erminia war bereits in der Behindertenarbeit tätig und Antonino sattelte als Gärtner in einen völlig neuen Berufszweig um. „Ich bin noch jung, warum sollte ich es also nicht in Deutschland versuchen?“, erinnert sich Erminia an ihre Überlegungen. Zumal die Stiftung ihren jungen Pflegeschülern viele Wege ebnete. Direkt wurden Wohngemeinschaften auf dem Stiftungsgelände zur Verfügung gestellt, heute leben alle drei in eigenen Wohnungen. Es gibt immer Ansprechpartner, die bei Fragen oder Problemen helfen. Und das Wichtigste: „Die Einrichtung selbst trägt die Integration mit“, sagt der Geschäftsführer zur gelebten Willkommenskultur innerhalb der Stiftung. Für die jungen examinierten Pflegefachkräfte gibt es eine vertraglich festgesetzte Bindungsfrist an die psychiatrische Fachklinik von zwei Jahren. Das Wichtigste überhaupt seien aber deren Familien: „Wenn die Eltern den Wunsch ihrer Kinder wohlwollend unterstützen, ist das ein ganz wichtiger Baustein“, stellt Dietmar Volk fest und hofft, dass sich das Programm genauso erfolgreich fortsetzen lässt. Maria Papaianni jedenfalls, ist fast schon wieder unterwegs, um in Kalabrien Interessenten für den nächsten Pflegekurs zu gewinnen.