Intensive Bindung zur Mutter
Hebammen machen auch während der Corona-Pandemie Hausbesuche.
Hebammen sind mit Abstand eine der wichtigsten Bezugspersonen für werdende Mütter: Sie bereiten die Frauen auf die Geburt vor, sorgen sich um ihr Wohlbefinden – später, in den ersten Wochen nach der Geburt, auch um das Wohlbefinden des Neugeborenen. Sie helfen dabei, die Verbindung zwischen Mutter und Kind zu stärken.
Große Verunsicherung
Wie wichtig ihre Arbeit tatsächlich ist, wurde, wie bei vielen anderen Pflegeberufen, in den vergangenen Monaten des Corona-Shutdowns besonders deutlich: Aufgrund der möglichen Infektionsgefahr wurden Mütter nach der Geburt in den vergangenen Wochen früher aus dem Krankenhaus entlassen, berichtet die Lenneper Hebamme Nicole Bornschier. Die Nachversorgung übernahmen verstärkt Hebammen bei den Müttern zu Hause.
Mit Kollegin Melina Hill (26) eröffnete die 28-Jährige vor gut einem Jahr die Lenneper Hebammenpraxis. Ihre Arbeit habe sich in der Coronazeit nicht wesentlich von ihrer üblichen Tätigkeit verändert, erzählt sie, obwohl sie bei den Hausbesuchen versucht, den Abstand zu wahren und nicht länger als nötig zu bleiben. „Wir arbeiten mit Mundschutz, desinfizieren uns regelmäßig die Hände“, zählt die Lenneperin auf.
Doch manchmal müsse sie auch eingreifen: „Wenn das Kind etwa nicht von der Brust trinken will, dann frage ich, ob ich näherkommen kann, um Mutter und Kind zu helfen.“ Bornschier habe festgestellt, dass die Frauen in der ersten Zeit verunsichert gewesen seien.
Vorbereitungskurse und Ähnliches durften seit Mitte März nicht mehr stattfinden. „Viele haben uns gefragt, ob wir überhaupt noch Hausbesuche machen.“ Viele Frauen hätten auch Befürchtungen geäußert, sich in der Klinik mit dem Coronavirus anzustecken. „In der ersten Zeit haben wir wirklich viele Fragen beantwortet.“
Trotz der Umstellung und der sowieso schon intensiven Arbeit kann Bornschier dem allgemeinen Lockdown etwas Positives abgewinnen. „Das einzig Gute an der Situation war, dass die Mütter wesentlich mehr Zeit mit ihrem Neugeborenen verbringen und sich besser kennenlernen konnten.“ Das stärke die Bindung zwischen Mutter und Kind nachhaltig.
Dass die Pflegeberufe in den vergangenen Wochen mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung erhalten haben, freut die beiden Hebammen, auch wenn sie sich mehr als eine symbolische Geste wünschen würden. Denn die Umstände seien nach wie vor „katastrophal“.
Besonders die finanzielle Belastung von Hebammen, die größtenteils als Freiberuflerinnen arbeiten (lediglich knapp 30 Prozent sind angestellt), sei enorm. „Bei uns gibt es Versicherungsbeiträge, die gezahlt werden müssen, egal wie viel wir verdienen“, berichtet Bornschier.
Hinzu kommt, dass sie viel zu häufig mit den von den Krankenkassen anberaumten 20-minütigen Hausbesuchen nicht auskommen. „Meine Kundinnen wissen, dass ich für jeden Hausbesuch eine halbe Stunde einplane, obwohl ich nur 20 Minuten bezahlt bekomme. Manchmal kommt es aber auch vor, wenn die Kinder an diesem Tag besonders quengelig sind, nicht essen wollen oder die Mutter viele Fragen hat, dass ich bis zu eineinhalb Stunden vor Ort bin.“
Trotz der Umstände, betont Bornschier, übe sie ihre Arbeit sehr gerne aus, weil es kein 08/15-Job sei. „Ich glaube, für alle, die sich für den Beruf als Hebamme entscheiden, ist es eine Herzensangelegenheit.“
Gut zu wissen
Melina Hill und Nicole Bornschier stammen beide gebürtig aus Lennep. Im April 2019 eröffneten sie die Lenneper Hebammenpraxis in der Kölner Straße 110.
Bornschier absolvierte eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin und schloss im Anschluss eine Ausbildung zur Hebamme an. Hill traf die Entscheidung nach der Geburt ihrer Tochter. 2017 schloss sie ihre Ausbildung mit dem Staatsexamen ab und bildete sich als Prä- und Postnataltrainerin weiter.
Telefonischer Kontakt
Melina Hill: 01 77 2 66 71 13
Nicole Bornschier:
01 63 3 68 42 51.
Bildquellen
- Melina Hill und Nicole Bornschier.: Foto: privat