„Wissen Sie, was in Haus Lennep los ist?“
Die Tage von Haus Lennep sind gezählt. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen zum Honsberg umziehen, das Haus abgerissen werden.
VON STEFANIE BONA
In Lennep werden bald mindestens 60 Pflegeplätze fehlen, doch die Bergische Diakonie Aprath (BDA) hat sich entschlossen, Haus Lennep an der Hackenberger Straße zu schließen. Damit fallen 115 vollstationäre Pflegeplätze im Stadtteil weg. Die dort aktuell wohnenden Seniorinnen und Senioren sollen Mitte nächsten Jahres in den neuen Lindenhof am Honsberg umziehen und dort dauerhaft eine neue Heimat finden. Dort war ein Betreiber abgesprungen und der Investor brachte bei der BDA die sozusagen fertig gestellte Einrichtung ins Gespräch.
Wasserschäden und alles mögliche
„Wissen Sie, was in Haus Lennep los ist?“, wandte sich gestern Abend Bezirksvertreterin Corinna Hindrichs (CDU) ziemlich erbost an Björn Neßler. Der Geschäftsführer der BDA erläuterte in der Sitzung der BV Lennep den aktuellen Sachstand, nachdem der Umzug der Bewohner von Haus Lennep nicht temporär – etwa für eine Sanierungsmaßnahme – sondern dauerhaft sein soll. Diese Ankündigung hinterlasse im Haus Fassungslosigkeit, Angst und große Sorgen, bestätigte auch eine Besucherin der BV-Sitzung, deren Mutter in Haus Lennep lebt.
Björn Neßler skizzierte den schlechten baulichen Zustand des Pflegeheims – „wir haben viele Wasserschäden und alles mögliche“. Außerdem entspreche die 1978 gebaute Immobilie nicht mehr den heutigen Standards einer Pflegeeinrichtung. Der Einschätzung der Stadtverwaltung, dass der entstehende Fehlbedarf „möglichst zeitnah durch den Neubau einer zusätzlichen Pflegeeinrichtung in Lennep mit mindestens 60 Plätzen auszugleichen“ sei, erteilte er indes eine Absage. „Investitionen in eine Altenpflegeeinrichtung sind nicht auskömmlich. Deshalb baut gerade niemand mehr Altenheime. Ein neues Heim ist politisch nicht gewollt und auch nicht bezahlbar.“ Außerdem werde es in Zukunft einen massiven Bedarf an Pflegepersonal geben, dem man nicht mehr gerecht werden könne. Jürgen Kucharczyk (SPD) wollte dies so nicht stehen lassen: „Die Verwaltung war angewiesen worden, das Delta, das sich in Lennep und auch Lüttringhausen hinsichtlich der fehlenden Pflegeplätze auftun wird, zu schließen.“
Die BDA wolle auf dem Grundstück Möglichkeiten für Servicewohnen, eine Tagespflege und eine Demenz-Wohngemeinschaft schaffen, so Neßler. Wo das genau geschehen soll, ließ er offen. Denn auch das Nachbargebäude, wo zu früheren Zeiten ein Pflegeheim und später Verwaltungsräume untergebracht waren, steht seit Jahrzehnten leer und – um es deutlich zu sagen – gammelt vor sich hin. Dazu hatte unsere Zeitung bereits mehrfach bei der Stadt und der BDA Nachfragen gestellt und auch berichtet.
Die Messe ist noch nicht gelesen
Die Lenneper Bezirksvertreterinnen und -vertreter wollen sich mit der Entscheidung unisono nicht abfinden. „Diese Messe ist noch nicht gelesen“, verwies Bezirksbürgermeister Markus Kötter (CDU) auf die nächste Sitzung des Hauptausschusses, bei dem das Thema – allerdings im nichtöffentlichen Teil – nochmal auf der Tagesordnung steht. „Wir brauchen Einrichtungen, Pflegeplätze und ein vernünftiges Wohnambiente“, so Kötter weiter. Hier böten sich Neubauten mit ihrer Schlichtbauweise gar nicht unbedingt an. Auch die Remscheider Wohnungsaktiengesellschaft Gewag reiße nicht mehr ab, sondern baue Bestandsbauten um. Zudem sehen die Kommunalpolitiker den Zustand von Haus Lennep, für den laut Mietvertrag die BDA verantwortlich ist, äußerst kritisch. Die Angehörige aus den Reihen der BV-Besucher stimmte dem zu: Mehrfach sei der Aufzug defekt gewesen, so dass die Bewohner während der heißen Wochen im Sommer das Obergeschoss überhaupt nicht hätten verlassen können. „Dafür haben wir dann in den letzten zwei Jahren fünf Mal eine Erhöhung bekommen“, spielte sie auf die Beteiligung der Heimbewohner an den Instandhaltungskosten an. Genauso kam die Informationspolitik der Verwaltung bei diesem Thema nicht gut weg. Die BV hätte viel früher und transparent über die Entwicklungen in Kenntnis gesetzt werden müssen. „Das ist alles nicht gut gelaufen“, befand Petra Kuhlendahl (Grüne). Derzeit leben in Haus Lennep 102 Menschen, im Lindenhof werden aber nur 80 Plätze zur Verfügung stehen. Es gebe ja noch umliegende Heime und Mitte nächsten Jahres sei man außerdem sieben Monate weiter…, sagte BDA-Geschäftsführer Neßler vielsagend. Eine Aussage, die für Durchatmen und Sprachlosigkeit bei Politik und Gästen sorgte.