„Wir können nicht anders, als gut zu sein“
Vor 90 Jahren wurde die Fleischerei Nolzen in Lüttringhausen gegründet – heute die einzige inhabergeführte Metzgerei mit eigener Produktion in ganz Remscheid.
VON STEFANIE BONA
Über neun Jahrzehnte ist die Geschichte der Fleischerei Nolzen in Lüttringhausen geprägt von unternehmerischem Mut, Aufbruchstimmung, sehr viel Fleiß und immer neuen Visionen. „Und von Gottvertrauen und Zuversicht“, hebt Dr. Ferdi Nolzen hervor, dessen Eltern – einen Tag nach ihrer Hochzeit – am 1. Dezember 1935 ihr Geschäft in der Gertenbachstraße 29a eröffneten. Seit 1998 ist nun Marcus Weber der Chef und blickt genauso auf eine beeindruckte Karriere zurück. Mit 16 begann er seine Ausbildung zum Metzger bei Nolzen, übernahm 1998 das Geschäft, investierte gewaltig und entwickelte es konsequent fort. Heute kann er mit seiner Frau Melanie und 30 Mitarbeitenden das 90-jährige Jubiläum seines Unternehmens feiern, das neben dem Stammsitz in Lüttringhausen inzwischen auch einen Standort in Gevelsberg hat.
Alte und neue Geschichte
Doch werfen wir noch einmal einen Blick zurück: Es dauerte nur vier Jahre, als Willi und Änne Nolzen in ihrer Schaffenskraft durch den Ausbruch des zweiten Weltkriegs jäh unterbrochen wurden. Auch Willi Nolzen wurde zum Kriegsdienst eingezogen, es folgten zehn Jahre, die von Entbehrungen, aber auch vom gegenseitigen Zusammenhalt geprägt waren. So wurde in der Nolzen`schen Wurstküche Brühe gekocht, die die darbende Bevölkerung in Milchkannen abholte. „Zehn Jahre nach der Geschäftsgründung mussten meine Eltern praktisch wieder von vorne beginnen“, erzählt Ferdi Nolzen. In der Kreuzbergstraße 40 entstand ein Neubau – nach Kriegsende ein Symbol des Neubeginns. Die ganze Familie packte mit an und die Metzgerei Nolzen wurde über die Stadtgrenzen hinaus zu einer Marke von Vielfalt und Qualität.
1969 übernahm Gerd Nolzen – der älteste Sohn der Firmengründer – mit seiner Frau Ulrike den Betrieb, bis er ihn schließlich an seinen Mitarbeiter Marcus Weber abgab. Denn aus der eigenen Familie fand sich kein Nachfolger. Als jüngerer Bruder entschloss sich Ferdi Nolzen zum Medizinstudium und blieb seiner Heimatstadt als selbstständiger Zahnarzt treu.
Kommen wir damit zur neueren Geschichte: „Mein Vater und mein Bruder wären heute sehr stolz auf Marcus Weber“, betont Nolzen mit Blick auf die Entwicklung des Betriebs. Denn der Nachfolger setzte mit viel Tatkraft auf neue Ideen und Trends und vor allem darauf, seinen Kundinnen und Kunden ein Einkaufserlebnis zu schaffen. „Wir können nicht anders, als gut zu sein. Anders haben wir keine Chance“, sagt Marcus Weber mit Nachdruck. So entstand nach jahrelanger Planung und unter Berücksichtigung behördlicher Auflagen an der Kreuzbergstraße/Ecke Gertenbachstraße vor zehn Jahren ein modernes großzügiges Geschäft mit Aufenthaltsqualität. Das Angebot wurde um den Mittagstisch und Fertiggerichte erweitert, Marcus Weber führte seine Steakseminare ein – ein echter Erfolgsschlager mit Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen hinaus. „Jeder, der hier zum ersten Mal reinkommt, ist über die Auswahl überrascht“, berichtet der Metzgerei-Inhaber zufrieden. Durch seine persönliche Courage und letztendlich seine Risikobereitschaft ist Marcus Weber das gelungen, was vielen seiner Kollegen verwehrt blieb. Die Fleischerei Nolzen, deren Namen er bewusst beibehielt, ist die letzte inhabergeführte Metzgerei mit eigener Produktion in Remscheid und eine der wenigen in der Region. Dafür muss sich der Chef an erster Stelle ordentlich ins Zeug legen, frühmorgens um 3.15 Uhr ist für ihn die Nacht rum und er steht bereits in seiner Produktion – an jedem Wochentag. Doch vergisst Marcus Weber auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht. „Ich habe ein junges, engagiertes Team, das das Tempo mitgeht.“ Und auch sein Umfeld an der Kreuzbergstraße hebt der Unternehmer hervor. Solch ein Nahversorgungszentrum mit Beteiligung von mehreren inhabergeführten Geschäften gebe es heute nur noch ganz selten. Bei so viel Schwung hat Marcus Weber für die aktuelle Rentendebatte nur ein müdes Lächeln übrig: „Mir macht das alles noch sehr viel Spaß, vor allem der Ladendienst mit dem Kontakt zu den Kunden. Das alles könnte ich machen, bis ich 70 bin – mindestens.“ Beruhigende Aussichten für alle, die bei Fleisch und Wurstwaren auf Qualität und nicht auf die Billigvariante aus dem Discounter setzen.


Bildquellen
- Marcus Weber: Bildrechte beim Autor