Viele Fragen blieben offen
Das Interesse am Ortstermin mit der Bezirksvertretung am Lüttringhauser Bahnhof war groß.
VON STEFANIE BONA
Mit Aufruhr, zumindest mit Aufregung hatte man bei diesem Ortstermin offensichtlich gerechnet. So wurde der Besuch der Lüttringhauser Bezirksvertretung (BV) am Bahnhof Lüttringhausen gestern von einer Polizeibeamtin und einem -beamten flankiert. Eingreifen mussten die Ordnungshüter zwar nicht, trotzdem war die Stimmung angespannt. Dazu trugen unglücklicherweise die Investoren selbst bei. Man wolle sich nicht an einer politischen Diskussion beteiligen, stellten Roland Haag und Berthold Morsbach von der Firma GFI-Süd ziemlich deutlich ihren Ausführungen voran, die letztlich zudem eher unkonkret auf die gestellten Fragen eingingen. Dies stieß sowohl bei den versammelten Anwohnerinnen und Anwohnern als auch bei Teilen der Politik auf Unverständnis.
Entwurfstadium macht Entscheidung schwierig
Wie berichtet, soll im Bahnhofsgebäude selbst und in links und rechts daneben sowie auf dem Vorplatz errichteten Modulbauten Wohnraum für 180 Geflüchtete entstehen. Die Stadt würde sodann mit dem Investor einen Mietvertrag über zehn Jahre eingehen. Diese Pläne treiben die Anlieger mit Sorge um, wobei sich die Bedenken vornehmlich auf die mutmaßlich dichte Bebauung in einer Sackgasse beziehen. Das große Problem aktuell: Die vorgelegten Pläne sind nur Entwürfe, Maßangaben sind ungenau und Standorte, etwa der eingezeichneten Bäume, fehlerhaft. Dies stößt auf Misstrauen. „Wir schauen uns hier eine Plangrundlage an, die nicht der Realität entspricht“, kritisierte Bezirksvertreter Sebastian Hahn (CDU). „Mir ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger in die Planungen einbezogen werden. Da reicht mir nicht das Amtsdeutsch“, monierte Waltraud Bodenstedt (W.i.R.), die als Ratsmitglied die Entscheidung mit zu treffen hat, ob die Pläne weiterverfolgt werden oder nicht. Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke erklärte. „Wir brauchen zunächst den politischen Beschluss, dass die Stadt hier überhaupt ein langfristiges Mietverhältnis eingehen darf.“ Erst im Anschluss könne der Investor in das vorgegebene Bauverfahren einsteigen. Bisher gibt es eben nur eine positiv beschiedene Bauvoranfrage. „Nach einer ersten Entscheidung der Bauordnung ist das hier machbar“, so die Dezernentin.
Bahnhofsvorbau wird abgerissen
Dass die Stadtverwaltung die Bauanträge korrekt prüft und der Rechtslage konform über die Umsetzung des Projekts entscheidet, bezweifeln die Anlieger indes nicht. Gleichwohl müssten die vielen Fragen, die es nach wie vor gebe, beantwortet werden und zwar bevor eine Baugenehmigung erteilt werde, so der Tenor: „Wie kann der Stadtrat entscheiden, wenn er überhaupt nicht genau weiß, was und wie hier gebaut werden soll?“ Laut den Investoren werden die Modulbauten 5,80 Meter hoch sein und eine Größe von drei mal fünf Metern haben. Das stark sanierungsbedürftige Bahnhofsgebäude solle parallel zur Errichtung der Module vor allem hinsichtlich der Technik erneuert werden und dessen Vorbau werde abgerissen, um mehr Platz für die Modulbauten und die Zuwegung zu schaffen. Zudem sei geplant, die Treppe in Richtung Barmer Straße wieder nutzbar zu machen.
Letzte Chance für das Bahnhofsgebäude
Im Anschluss an den Ortstermin kamen die Pläne auch in der Sitzung der BV im Lüttringhauser Rathaus zur Sprache. Dr. Gerhilt Dietrich (SPD) kritisierte die mangelnde Auskunftsbereitschaft der Investoren und forderte eine Bürgerversammlung zum Thema. Für die Entscheidung sei unbedingt notwendig, dass sich die Politikerinnen und Politiker das heruntergekommene Bahnhofsgebäude von innen anschauten, so ein Anwohner. Es müsse auf jeden Fall vertraglich gesichert werden, dass der Eigentümer den Bau ordentlich saniere und zwar gleichzeitig zum Bau der Module. Jörg Schubert, Fachdienstleiter Bauen, stellte klar, dass gerade für den Bahnhofsbau die letzte Möglichkeit zum Erhalt gekommen sei. „Wenn hier in den nächsten ein bis eineinhalb Jahren nichts passiert, wird das Gebäude abgängig sein.“ Daher sollte man diese Chance jetzt nutzen. Und Barbara Reul-Nocke bekannte eindringlich, in welcher Klemme die Stadt steckt: „Die Menschen, für die die Wohnungen gedacht sind, haben ein Bleiberecht. Für sie brauchen wir dringend Wohnraum, den wir in der ganzen Stadt nicht mehr haben. Wir haben als Verwaltung die Verpflichtung, die Menschen vernünftig unterzubringen“, wandte sie sich explizit an die Politik. Und den Anwohnern versuchte sie die Sorgen zu nehmen: „In allen Unterkünften, die wir als Stadt betreiben, läuft das Zusammenleben mit den Nachbarn seit Jahren reibungslos.“ Gleichwohl blieb Skepsis, die die Bezirksvertreter wohl auch in ihre Ratsfraktionen tragen werden. „Ich habe das Gefühl, dass die Module das Areal dominieren werden. Der Bereich vor dem Bahnhof scheint nach den Planungen zu urteilen sehr dicht bebaut zu werden“, sagte Andreas Stuhlmüller (CDU). „Das sehe ich auch so“, schloss sich Bezirksbürgermeister Heinz-Jürgen Heuser (SPD) an.
Gut zu wissen
Die Entscheidung, ob die Pläne des Investors weiterverfolgt werden, trifft der Stadtrat. Die nächste Sitzung ist am 18. April im Remscheider Rathaus. Die Tagesordnung liegt bislang noch nicht vor.
Bildquellen
- Bahnhof Lütt.-BV_bona: LLA Foto bona
- Bahnhof Lütt. Ortstermin_bona: LLA Foto Bona