Chance für die Stadt oder reines „Greenwashing“?
Die Aktivisten der Remscheider Greenpeace-Gruppe brachten vor der Abstimmung über den Grundstücksverkauf für das Outlet-Remscheid ihre Argumente gegen das Projekt vor.
VON STEFANIE BONA
Bevor die Ratsmitglieder gestern Nachmittag zur Sitzung im Remscheider Rathaus eintrafen, mussten sie sich durch einen Spalier von Bürgerinitiative Lennep und der örtlichen Greenpeace-Gruppe bewegen – es sei denn, sie nutzten den Nebeneingang. Beide Gruppen stehen den Plänen für ein Outlet in Lennep bekanntlich kritisch gegenüber und versuchten die Politikerinnen und Politiker vor der entscheidenden Abstimmung über den Grundstücksverkauf noch einmal von ihren Argumenten zu überzeugen. Wie das anschließende Votum zeigte, stießen sie damit bei den Befürwortern des Projekts auf keine Resonanz.
„Wir machen das Gegenteil“
Dabei versuchten die Remscheider Greenpeace-Aktivisten nicht nur mit Worten, sondern auch mit reichlich Anschauungsmaterial ihre Sicht auf die Dinge zu verdeutlichen. Fotos und Filme mit Bergen von ausgemusterter Kleidung, die erhebliche Umweltschäden hinterlassen, sollten beim Thema Nachhaltigkeit den Finger in die Wunde legen. „Wir sind überzeugt, dass mindestens ein Drittel der in einem Outlet verkauften Produkte minderwertige Ware sind, die eigens für den Outlet-Verkauf produziert werden“, sagte Lars Klarhof. Weiterhin machte der Lenneper Tierarzt auf die für das Shoppingdorf zu fällenden Stadtbäume aufmerksam. „45 Bäume sollen gefällt werden. Und wenn es hinterher 38 sind, haben wir auch nichts gewonnen“, mahnte er und fügte an: „Erwachsene, jahrzehntealte Stadtbäume sind nicht ersetzbar.“ Kritisch sahen er und seine Mitstreiter auch die Versiegelung der Flächen. Unter dem Dach, das der Investor begrünen möchte, befände sich immer noch eine 1,50 Meter dicke Betondecke. So sollten die Ratsmitglieder diesbezüglich nicht auf reines „Greenwashing“ hereinfallen. „Alle Welt spricht davon, dass Versiegelung reduziert werden soll und wir in Remscheid machen das Gegenteil“, kritisierte Klarhof. Hinzu käme die Frage, was mit den Outlet-Gebäuden passiere, wenn das Konzept entgegen der Erwartungen nicht funktioniere. „Der vorhabenbezogene Bebauungsplan bezieht sich ausschließlich auf den Verkauf von Textilien“, befand Rüdiger Rehbein. Hat die Gruppe das Gespräch mit den Investor gesucht? Ja, das habe stattgefunden, so Rehbein. Tatsächlich sei dabei die Möglichkeit erörtert worden, an der einen oder anderen Stelle Bäume an Ort und Stelle zu belassen, und das Outlet „drumherum“ zu bauen. Zudem teile Philipp Dommermuth die Einschätzung nicht, dass Textilien extra für den Outlet-Verkauf produziert werden. Wie sieht das Gegenmodell von Greenpeace aus? „Es ist eine Schande, dass städtische Flächen nicht besser genutzt werden. Wir möchten an die Idee der Neuen Quartiere anknüpfen. Dafür hat es ja schon eine Menge an guten Ideen gegeben“, sagte Rehbein. Dass dafür allerdings auch erst einmal Investoren gefunden werden müssen, räumten die Greenpeace-Vertreter ein. Aber: „Das würde sicherlich mehr Mühe machen, die sich aber letztendlich für die Stadt auszahlen würde“, so Rüdiger Rehbein. Eine Klage gegen das Projekt zieht man zumindest seitens der Remscheider Greenpeace-Gruppe nicht in Erwägung. „Wir klagen nicht gegen einzelne Projekte“, hieß es aus den Reihen der Aktivisten.
Die Vorsitzenden der Mehrheitsfraktionen von SPD, FDP und Grünen im Remscheider Rat bekundeten indes, Verständnis für die Zweifel am Outlet-Projekt zu haben, diese jedoch nicht zuz teilen. Vielmehr gehe Philipp Dommermuth mit seiner Investition ins Risiko und habe auch daher selbst ein Interesse am Gelingen des Outlet-Centers sowie an einem gemeinsamen Weg mit der Stadt und den Bürgerinnen und Bürgern. Remscheid werde das Outlet Arbeitsplätze, mehr Besucherinnen und Besucher sowie Geld in die Stadtkasse bescheren.
Bildquellen
- Outlet Greenpeace 2_bona_17.24: LLA Foto Bona