Geborgen und in Würde bis zum Lebensende

Geborgen und in Würde bis zum Lebensende

In der zweiten Septemberwoche sollen die ersten Gäste ins Hospiz einziehen.

VON STEFANIE BONA

Das Pressegespräch im fast fertig gestellten Christliches Hospiz Bergisches Land findet im Raum der Stille statt. Auf das große, runde Dachfenster prasselt der Regen an diesem buchstäblich schaurigen Vormittag. Und plötzlich leuchten ein paar kurze Sonnenstrahlen in jede Ecke des geschmackvoll eingerichteten Zimmers. Ein schöner Moment, der sinnbildlich für das gesamte Konzept des maßgeblich durch rund 3 Millionen Euro Spendengelder realisierten Projekts steht: Ein Bau voller Atmosphäre, getragen von Menschen voller Engagement für das, was sie tun, werden Licht selbst in die dunklen Momente des letzten Lebensabschnitts bringen.

Hospiz-Vereins-Vorsitzender Andreas Holthaus und Einrichtungsleiterin Sandra Thomas vor der großen Mooswand im Raum der Stille. Den Hospizbau hat Architekt Daniel Wiedenkeller entworfen, der das Projekt zu seiner persönlichen Herzensangelegenheit gemacht habe.

Nichts dem Zufall überlassen

Zehn Gästezimmer mit allen Komfort sind entstanden – fünf ausgerichtet nach Osten, fünf nach Westen. Jedes Zimmer hat ein eigenes, großzügiges Badezimmer und einen direkten Zugang zur breiten Terrasse, auch bettlägerige Gäste können durch die breiten Türen so nach außen gelangen. Auf Wunsch können Angehörige bei ihren Liebsten übernachten oder aber ein Zimmer nutzen, das extra für solche Besuche eingerichtet wurde. Alle Gästezimmer grenzen an einen großen Gemeinschaftsraum mit weitem Blick ins Grüne, wo gemeinsam gegessen, gekocht oder auch mal ein Fußballspiel angeschaut werden kann. Weiterhin gibt es für das 26-köpfige Betreuungsteam viel Platz, Funktions- und Aufenthaltsräume. Neben dem Raum der Stille, der für Gottesdienste, Andachten, als Abschiedsraum oder einfach mal zum Rückzug genutzt werden kann, ist ein lichtdurchflutetes Atrium entstanden. Auch das schafft Aufenthaltsqualität.

Von den Gästezimmern gibt es einen direkten Zugang zur Terrasse.

Vertrauensvorschuss aus der Bürgerschaft

Seit 11 Jahren trommelt der Förderverein Christliches Hospiz Bergisches Land für das Projekt, das nun kurz vor der Fertigstellung steht. „Unser Schatzmeister Pfarrer Uwe Leicht hat 4.500 Spendenbescheinigungen ausgestellt. Von Anfang an haben uns die Bürgerinnen und Bürger unterstützt – ein riesiger Vertrauensvorschuss“, bilanziert Vereinsvorsitzender Andreas Holthaus. Jede Spende sei gleichwertig hoch willkommen gewesen – die Großspende von Unternehmerfamilien genauso wie die 5 Euro, die ein Vereinsmitglied mit kleiner Rente jeden Monat für den Vereinsbeitrag zurückgelegt hat. „Es ist trotz aller Verzögerungen und auch Schwierigkeiten nun so gekommen, wie wir uns das vorgestellt haben“, fügt Andreas Holthaus an. Das von der Stadt Remscheid in Erbpacht zur Verfügung gestellte Grundstück liegt an der Bornefelder Straße in Bergisch Born und ist gut zu erreichen von Hückeswagen, Wermelskirchen, Radevormwald und Remscheid – die vier Städte, für deren Menschen das Hospiz entstanden ist. Einrichtungsleiterin und Geschäftsführerin ist Sandra Thomas, eine gelernte Krankenpflegerin, die viel Erfahrung in der Palliativpflege mitbringt. Alle 26 Stellen konnten trotz des auch in der Pflege derzeit gravierenden Fachkräftemangels besetzt werden. „Wir mussten sogar Bewerbungen ablehnen“, so die Hospiz-Leiterin. Die neuen Kolleginnen und Kollegen wollten genau in diesem Bereich der Pflege arbeiten und auch das neue Gebäude sei ein absolut attraktiver Arbeitsort. Inzwischen haben sich ebenso bereits 20 Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler gefunden, die schon hoch motiviert Ideen austauschen.

Blick ins lichtdurchflutete Atrium.

Pflegerische und medizinische Betreuung rund um die Uhr

Durch die Kooperation mit dem SAPV-Team Remscheid, das ambulant schwerstkranke Menschen betreut, sei die ärztliche Begleitung mit einer hohen Expertise in der Palliativmedizin rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr gewährleistet. Bei freier Arztwahl könne aber natürlich auch der Hausarzt bzw. die Hausärztin der Gäste die Versorgung weiterhin übernehmen. Sandra Thomas geht davon aus, dass die zehn Gästezimmer ab der zweiten Septemberwoche schnell belegt sein werden, es gebe schon reichlich Anmeldungen. „Die Menschen haben sehnlichst auf die Eröffnung gewartet, die Not ist vielfach groß.“

Statt Erweiterung ein zweites Hospiz

Das Grundstück hätte für eine Erweiterung Platz. Gibt es dazu Pläne? Andreas Holthaus winkt ab: „Wir haben uns viele der insgesamt 73 Hospize in Nordrhein-Westfalen angeschaut. Keines davon ist wesentlich größer als unseres. Unsere Konzeption wäre mit einer größeren Einheit nicht haltbar. Wir wollten bewusst keinen Krankenhaus-Charakter.“ Unzweifelhaft sei der Bedarf da, aber um einen weiteren Ort für ein geborgenes, würdevolles Lebensende zu schaffen, sollte man dann besser an ein zweites Hospiz denken.

Gut zu wissen

Tag der offenen Tür
Am Samstag, 2. September, wird es einen Tag der Offenen Tür im Hospiz geben. Von 11 bis 16 Uhr  können die Räumlichkeiten an der Bornefelder Straße 50 (Bergisch Born) von allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern besichtigt werden. Kleine Führungen und kurze Talks erklären Räumlichkeiten und Konzept.

Förderverein bleibt bestehen
95 Prozent der Betriebskosten übernehmen die Krankenkassen, den Rest – zwischen 60.000 und 70.000 Euro pro Jahr – werden durch Spendenmittel finanziert werden, für die der Förderverein Christliches Hospiz Bergisches Land weiterhin die Werbetrommel rühren wird.

Weitere Aktionen sind geplant. Unter anderem wird der Remscheider Journalist Horst Kläuser am 9. September um 15 Uhr im Rahmen der Wiedereröffnung des Allee-Centers Remscheid Kunstwerke zugunsten des Hospizes versteigern, die örtliche Künstler gespendet haben.

Anmeldung
Die Anmeldungen für einen Gästeplatz im Hospiz erfolgen über Ärzte, das Case-Management der Krankenhäuser oder über das Christliche Hospiz Bergisches Land direkt. Die Aufnahme ist nicht an eine Konfessions- oder Religionszugehörigkeit gebunden. Menschen ab 18 Jahre können aufgenommen werden.

Träger
Betrieben wird das Hospiz von der Diakoniestation Wermelskirchen und dem Remscheider Caritasverband.
www.bergisches-hospiz.de

Mit diesem umfunktionierten Bauwagen zog der Fördervereinsvorstand jahrelang durch die Städte, um Mitglieder und Spenden zu werben.

Bildquellen

  • Hospiz Außenansicht_web: LLa Foto Bona