Lüttringhauser Anzeiger

Pfad der Erinnerung

Mit ihren Friedhofs-Führungen auf dem evangelischen Friedhof in Lennep erinnert Steffi Geier auch an ein Stück Stadtgeschichte und ihre Menschen.

„Man muss den Friedhof viel mehr ins Bewusstsein der Gemeinde rücken…“. Presbyterin Steffi Geier, seit 2020 Vorsitzende des Friedhofsausschusses der Evangelischen Kirchengemeinde Lennep, nahm die Anregung von Helge Lendermann (Inhaber des „Gärtner- und Floristikmeisterbetriebs Blumen Karl Lendermann) gerne auf. Am ersten Weihnachtsfeiertag 1803 war die feierliche Einweihung des evangelischen Friedhofs. Bis dato war es in der damaligen Zeit üblich, die Verstorbenen rund um die Kirchen zu begraben.

Berührende Schicksale

Dass die Toten hier „in Frieden ruhen“ hatte früher durch das altdeutsche Wort „frithof“ die Bedeutung, dass der Bereich eingefriedet ist. Der alte Friedhof rund um die Kirche wurde 1810 eingeebnet. „Noch heute finden sich bei Bauarbeiten rund um die Kirche Skelettteile. Sie werden dann hier beigesetzt“, erklärt die Presbyterin. Das weitläufige, gepflegte Friedhofsgelände lädt zum Spazierengehen und Verweilen. Ein Ruhepol inmitten der Natur. Viele Menschen verbinden einen Friedhof mit verbindlicher Grabpflege, mit Gedanken um die Endgültigkeit oder auch mit Unbehagen. Durch den „Pfad der Erinnerung“ eröffnet Steffi Geier bei ihren Führungen (der nächste Termin wird rechtszeitig veröffentlicht) den Teilnehmenden eine spannende Sichtweise durch die Lenneper Geschichte. „Beim Gang über den Friedhof fielen mir viele alte Grabmale auf. Ich habe Stunden da gesessen. Dann betrieb ich Recherche über Lennep und die Menschen… Das war super interessant.“ Immer größer wurde der Wunsch, mehr über die Verstorbenen zu erfahren. „Persönlichkeiten, die sich um das Gemeinwohl und die Gemeinde mit großem persönlichem und finanziellem Einsatz kümmerten.“ Um jeden Tipp einer neuen „alten“ Lebensgeschichte ist Geier den Lennepern dankbar. Bei ihrer letzten Führung Mitte Juli begeisterte sie die sieben interessierten Teilnehmenden mit den Geschichten und Anekdoten der Menschen, die einst das Leben und Wirken in Lennep maßgeblich beeinflusst hatten. Hinter den in Stein gemeißelten Namen und Zahlen erwachte eine Lebendigkeit in schillernden Farben. Um die individuellen Lebenswege noch besser verstehen zu können, wagte sie „vorsichtige Anfragen bei Angehörigen“ und war begeistert von der positiven Resonanz. Durch Fotos und Erzählungen rundete sich das Bild und die Expertin fasste die Biografien in einem Ordner zusammen. Die entsprechenden Gedenkstätten sind beschildert und mit einem QR-Code versehen. Besucher können sich anhand dieses Codes auf dem Handy in die Geschichten der Persönlichkeiten vor Ort am Grab einlesen. Bei Friedhofsgärtner Lendermann ist auch eine umfassende Einsicht in den Ordner erlaubt. Ergreifend die Geschichte des „wackeren“ Maurermeisters Heinrich Koch, dessen Grabstein an seinen Heldentod vom Januar 1905 erinnert. Der Vater von vier Kindern ertrank im Teich der Kammgarnspinnerei, bei dem 30 Knaben unerlaubt Schlittschuh fuhren. „Er rettete fünf Jungen und starb bei dem Versuch, den sechsten zu bergen“. Viele bekannte Namen sind auf den teils opulenten Grabsteinen zu lesen. Namen, nach denen heute Straßen benannt sind. Menschen, die sich einst verdient gemacht hatten. Menschen, die sich sozial engagiert hatten oder durch ihr Handeln und Denken Fortschritte ins Lenneper Leben gebracht hatten. Namen, die eine ganz neue Bedeutung bekommen, weil deren Lebenswerke lebendig gehalten werden – auf dem Pfad der Erinnerung…

Bildquellen

  • Pfad der Erinnerung_Steffi Geier_heise_16.24: LLA Foto Heise