Die Familie Nuss ist musikalisch. Ludwig Nuss ist nicht nur ein begnadeter Komponist und Bandleader, sondern auch ein Posaunist der europäischen Spitzenklasse, der auch schon mit Stars wie den Brecker Brothers oder Peter Herbolzheimer zusammengespielt hat und seit einem Dutzend Jahren Soloposaunist der WDR-Big-Band in Köln ist. Sein Sohn Benyamin Nuss, einer der wenigen ernstzunehmenden Pianisten, die gleichermaßen in der Klassik und im Jazz heimisch sind, kann bereits jetzt, mit dreißig Jahren, auf eine bewegte Karriere zurückschauen.
Swingend bis hochvirtuos
Nun spielte das Duo Ludwig und Benyamin Nuss in der evangelischen Kirche in Lüttringhausen ein intimes Jazzkonzert, nicht zu verkopft, angenehm in Dynamik und Musikqualität, fein swingend und – aber nur einmal – hochvirtuos. Denn die beiden Musiker müssen nicht immer und überall zeigen, wie schnell sie spielen können, musizieren lieber musikdienlich, übertreiben nicht mit der Länge ihrer Soli, erzählen lieber Geschichten mit Musik, baden in der selbstgeschaffenen Atmosphäre (leicht melancholisch, was auch am leicht verschatteten Klang der Posaune liegt) und spielen nicht ohne Humor über eine Stunde feinsten Kammerjazz.
Jazz-Standards und Eigenkompositionen
Nach Benyamins Komposition „Bad Day“ zelebrieren die beiden eine hektische, fiebrige Version von Miles Davis‘ „Solar“, kurz und pointiert, bevor Ludwig durch ein harmoniereiches Stück (und einen großen und weiten Sound, den er erzielt, wenn er direkt in den geöffneten Flügel hineinspielt) seiner Frau ein musikalisches Denkmal setzt. Natürlich bedient sich das Duo auch bei Standards – „Cherokee“ von Ray Noble, „The Day of Wine And Roses“ von Henry Mancini -, aber die große Klasse der Musiker zeigt sich besonders in ihren Kompositionen, die originell daherkommen, wie das finale Stück – Ludwigs „Watt nu?“ – beweist, in dem er dann doch noch seine Virtuosität aufblitzen lässt (Überblasen, Zirkulationsatmung, etc.).
Solche musikalischen Gäste dürfen gerne wiederkommen. Das leider überschaubare aber begeisterte Publikum applaudierte langanhaltend und bekam noch eine Zugabe. „Das war ein Erste-Sahne-Bonbon“, brachte es ein Konzertbesucher, der extra aus Essen angereist war, nach dem Konzert auf den Punkt.