Dr. Bettina Stiel-Reifenrath erhält die Bürgermedaille für ihr Engagement in der „Praxis ohne Grenzen“.
Schnell und unbürokratisch wird hier geholfen, wo Hilfe nötig ist: die „Praxis ohne Grenzen“. Das ist ein gemeinnütziger Verein, in dem Ärzte, Apotheker, Sozialarbeiter und andere ehrenamtliche Mitarbeiter in den Räumlichkeiten an der Wülfingstraße 1 in Lennep Menschen helfen, die durch das Raster fallen.
Thema öffentlich machen
Sie können sich eigentlich keine medizinische Versorgung leisten, weil sie nicht ausreichend oder gar nicht krankenversichert sind. Dazu zählen neben arbeitslosen Menschen und Sozialhilfeempfängern auch Selbstständige, die die Krankenkassenbeiträge nicht aufbringen können, aber auch EU-Bürger mit eingeschränkten Leistungen, Migranten, Obdachlose oder Haftentlassene, die die Wiederaufnahme in die Krankenkasse nicht beantragt haben. Betroffen sind oft auch unversicherte Kinder.
Zu den Initiatoren gehört Dr. Bettina Stiel-Reifenrath, erste Vorsitzende des Vereins. Für ihr Engagement wurde sie nun im engen Kreise ihrer Familie und Freunde im Turmzimmer des Remscheider Rathauses mit der Bürgermedaille der Stadt von Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz ausgezeichnet. Die Auszeichnung beansprucht die Medizinerin jedoch nicht für sich selbst. Vielmehr sehe sie es als Ehrung für das gesamte Team, ohne das die Praxis nicht seit 2007 bestehen könnte. Finanziert wird das Angebot über Spenden.
„Wir leben in einer Stadt, in der es vielen richtig gut geht. Aber, wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, sieht man viele, denen es nicht gut geht, die unter Armut leiden“, mahnte der OB in seiner Ansprache. Man rümpfe die Nase, schaue weg, weil man selbst nicht in einer solchen Lage sein wolle. Doch zum Glück gebe es in dieser solidarischen Gesellschaft Menschen, die nicht wegschauten und diesen Menschen Hoffnung gäben, lobte Mast-Weisz.
Die Praxis ohne Grenzen stelle das Thema in die Öffentlichkeit und stelle den hilfesuchenden Menschen in den Mittelpunk. „Dieser Einsatz von Ihnen sollte uns ständig mahnen, dass es in so einer sozialen Gesellschaft eines solchen Ehrenamtes nicht bedürfen sollte. Wir dürfen uns an das Thema Armut und Bedürftigkeit nicht gewöhnen“, betonte das Stadtoberhaupt.
Ohne die Unterstützung von Familie, Kollegen und Stadt hätte die Idee der Praxis ohne Grenzen nicht realisiert werden können, betonte Stiel-Reifenrath. Oft gehe es bei den Fällen um Leben und Tod, da die Patienten aus Scham häufig erst die Hilfe der Praxis in Anspruch nähmen, wenn es fast schon zu spät ist. „Wichtig ist, frühzeitig zu kommen, damit wir helfen können, bevor es zu spät ist“, hob die Medizinerin deshalb hervor.
Dazu sei es auch wichtig, dass die Mitmenschen die Augen offenhalten, vielleicht mal beim Nachbarn oder bei Freunden nachfragen, wenn etwas auffällig ist, und das Angebot der Praxis ohne Grenzen publik machen. „Das Angebot in die Öffentlichkeit zu tragen, ist fast noch wichtiger als finanzielle Unterstützung“, sagte die Ärztin. Denn noch immer gebe es viele, die die Praxis ohne Grenzen nicht kennen.
Durch Kooperationen mit niedergelassenen Fachärzten sowie dem Krankenhaus Wermelskirchen können, wenn nötig, nach der ersten Diagnostik auch weitere kostenfreie und unbürokratische Behandlungsschritte folgen, damit niemand medizinisch unterversorgt bleibt.
Gut zu wissen
Sprechstunde ist jeden Mittwoch von 17 bis 18 Uhr an der Wülfingstraße 1 in Lennep. Kontakt per E-Mail an info@medizinische-hilfe-remscheid.de oder telefonisch unter 4 62 29 22.
www.medizinische-hilfe-remscheid.de
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- Dr. Bettina Stiel-Reifenrath: Foto: Mazzalupi