Lüttringhauser Anzeiger

Herr Röntgen führt durch sein eigenes Museum

Wilhelm Conrad Röntgen wurde zum Leben erweckt und berichtet als virtuelle Gestalt über seine bahnbrechende Entdeckung.
Die 3D-Animation funktioniert über Smartphone und Tablet und bietet ein völlig neues Museumserlebnis.

Das Röntgen-Museum, derzeit von der allgemeinen Schließung durch das Coronavirus betroffen, hat die Zwangspause genutzt, um ein neues Mitglied im Museumsteam aufzunehmen. Niemand Geringeres als Wilhelm Conrad Röntgen persönlich kann künftig die Besucher durch sein eigenes Museum führen und aus erster Hand von seiner bahnbrechenden Entdeckung erzählen.

Bergisches Projekt
Als virtuelle Gestalt lässt sich Herr Röntgen über Smartphone und Tablet in die Umgebung projizieren. Das funktioniert übrigens nicht nur in den Räumlichkeiten des Museums, sondern auch in der Lenneper Altstadt, vor seinem frisch sanierten und umgebauten Geburtshaus am Gänsemarkt 1. Möglich gemacht haben das zwei bergische Unternehmen.
Der Remscheider Christian Klostermann vom gleichnamigen Ingenieurbüro brachte den Stein sprichwörtlich ins Rollen, sprach Museumsleiter Dr. Uwe Busch und Werner Koch vom Solinger Unternehmen „Excit3d“ an. Letzterer entwickelt seit Jahren 3D-Technologien, ist in der sogenannten „virtuellen Realität“ beheimatet und hat mit seinem Team bereits historische Persönlichkeiten wie Anna von Kleve und Adolf V für Schloss Burg zum Leben erweckt.

Warum sollte also nicht auch Lenneps berühmtester Sohn zu seinem diesjährigen Doppeljubiläum ein solches Aufleben erfahren? Dr. Uwe Busch war gleich von der Idee begeistert und half tatkräftig bei der Recherche mit. Klostermann lieferte die nötige Messtechnik, um anhand Röntgens Büste, die bis vor Kurzem noch im Röntgen-Gymnasium, nun aber in Röntgens Geburtshaus steht, über Streifenlichtprojektion abzumessen, und die nötigen Koordinaten für die virtuelle 3D-Gestaltung zu generieren. „Die erste Idee“, berichtet Klostermann, „war, den Kopf zu animieren. Doch als wir damit fertig waren, dachten wir uns: ‚Warum nicht gleich den ganzen Körper?‘“ Gesagt, getan. Uwe Busch lieferte anhand alter Fotos, etwa von der Nobelpreisverleihung und Dokumenten, die Daten zu Größe und Aussehen Röntgens. Für die Zeit war Wilhelm Conrad Röntgen mit einer Körpergröße von 1,89 Metern ein stattlicher Mann, berichtet der Museumsdirektor. Weil die virtuelle Gestalt den Museumsbesuchern auch einiges erzählen sollte, erhielt das 3D-Modell eine entsprechende Mimik und Gestik.

Das Schwierigste, gesteht Busch, sei die Stimme gewesen. „Tatsächlich gibt es keinen echten O-Ton von Röntgen. Wir wissen also nicht wirklich, welche Stimmfarbe er hatte. Nur, dass seine Stimme tief war.“ Das Trio Busch, Koch und Klostermann entschied sich mit David Annel für einen bekannten TV-Sprecher, der nun Röntgen seine markante Stimme leiht.
Der Text, den der virtuelle Röntgen bislang spricht, ist eine Passage aus einem Interview, das Röntgen seiner Zeit über die Entdeckung der X-Strahlen gab. Der Plan ist, das Projekt weiter zu führen, den virtuellen Röntgen mit weiteren Informationen zu füttern, sodass er bald, wenn die Museen wieder offiziell öffnen dürfen, Besucher selbst von sich, seinem Leben und seiner Wissenschaft berichten kann. Es gebe auch schon Anfragen, um Röntgen auf Englisch reden zu lassen. Die neue Technik soll weitere Begeisterung für Röntgen und seine Entdeckung wecken. Denn: „Röntgen erhält nicht die Wertschätzung, die er verdient“, findet Klostermann. Seine Entdeckung werde noch bis heute, nahezu unverändert, eingesetzt und habe so viele neue Erkenntnisse gebracht.

Aktuell steht noch nicht fest, wie die App, die Röntgen zum Leben erweckt, zugänglich sein wird. Museale Konzepte müssten erarbeitet werden. Fest steht für Museumsleiter Busch aber, dass die App alleine das Museum nicht ersetzen kann. „Die Begegnung mit originalen Exponaten, die unser Museum bietet, kann die App nicht bieten. Sie ist ein Zusatz. Aber jetzt lohnt es sich eben noch mehr, ins Museum zu kommen.“

Gut zu wissen
Alle aktuellen Informationen zu tagesaktuellen Angeboten, Öffnung und Entwicklung des Röntgen-Museums sind online einsehbar unter
www.roentgenmuseum.de