Die Infektionszahlen sind fast auf Null gesunken. Amtsarzt Frank Neveling mahnt
dennoch weiter zur Vorsicht. Er befürchtet einen Anstieg nach den Sommerferien.
Weil zuletzt die Zahlen der an dem Coronavirus infizierten Bürger signifikant gesunken sind und sich aktuell nur noch drei Remscheider wegen einer Covid-19-Erkrankung in häuslicher Quarantäne befinden, hat
der Krisenstab der Stadt Remscheid seine Arbeit vorläufig auf Standby gesetzt. Gebannt ist die Gefahr aber noch lange nicht, sagt Gesundheitsamtsleiter Frank Neveling. Er rechnet mit einem erneuten Anstieg nach den Sommerferien, hofft aber, dass im Herbst der Impfstoff
bereitsteht.
Lehren für die Zukunft
In Remscheid habe das Krisenmanagement und der städtische Pandemieplan sehr gut gegriffen, urteilt der Amtsarzt. „Unter der Leitung von Thomas Neuhaus hat die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern
hervorragend gekappt“, lobt Neveling. Täglich tauschten sich die diversen Akteure dieses Gremiums aus und beurteilten die Situation regelmäßig neu.
Dennoch, gesteht der Leiter des Remscheider Gesundheitsamtes, habe man in dieser Situation auch einige Knackpunkte entdeckt.
Zu denen gehört unter anderem die ausreichende Versorgung durch Materialien und Schutzausrüstung: „Wir hatten Glück, dass wir auf die Bestände zurückgreifen konnten, die wir damals für die Schweinegrippe
2009 gekauft hatten.“ Mit dem Material wurden Krankenhäuser, Arztpraxen, Pflege- und Seniorenheime versorgt. Zu größeren Engpässen kam es dadurch nicht, berichtet Neveling. „Wir hätten allerdings auch
mehr Material haben können.“
Zu verbessern sei auch der grundsätzliche Vorsorgeplan der Krankenhäuser, findet Neveling. Trotz Sparmaßnahmen müsse gewährleistet sein, dass für einen erneuten Pandemiefall genügend Betten und Geräte zur Verfügung stehen. Dazu gehöre auch geschultes Fachpersonal. „Wir brauchen auf lange Sicht einfach mehr Personal, das die ambulante Versorgung in solchen Fällen sicherstellen kann.“
Aktuell sei die gesundheitliche Lage ruhig. Mit dem Ausbruch der Pandemie
Anfang März rechnete der Krisenstab im schlimmsten Fall mit dem Verlust von 1.500 Remscheidern. Auch deshalb wurde in der Sporthalle Neuenkamp ein Notkrankenhaus aufgebaut, um die Krankenhäuser im Fall
von erhöhten Infektionszahlen zu entlasten.
Der Worst Case ist bislang glücklicherweise nicht eingetreten. Die Gründe,
warum Remscheid recht glimpflich die Pandemie zu überstehen scheint, seien „sehr komplex“, sagt Neveling. „Zum einen haben sicherlich die guten
Maßnahmen, die schnell und konsequent umgesetzt wurden, sowie die gute Disziplin der Bürger zu der moderaten Infektionsrate geführt.“
Außerdem glaubt der Amtsarzt, „hat das Virus auf seinem Weg von China
nach Deutschland einiges an Gefährlichkeit eingebüßt. Aber das sind reine Mutmaßungen.“ Trotzdem sollten wir jetzt nicht unvorsichtig werden, warnt Neveling.
„Ich habe zwar die Hoffnung, dass es jetzt ruhiger wird, allerdings auch die Sorge, dass mit dem Ende der Sommerferien, wenn die Menschen aus ihrem Auslandsurlaub wiederkehren, Kitas und Schulen
wieder öffnen, die Infektionszahlen wieder steigen.“
Der Krisenstab sei nicht aufgelöst und befindet sich auch weiterhin in Bereitschaft. „Da reicht eine Alarmierung und alles wird wieder hochgefahren, wie jetzt in Gütersloh, wo wir ja sehen, wie schnell es gehen kann, wenn das Virus einmal in einer größeren Einrichtung auftritt.“
Frank Neveling hofft, dass im Herbst der Impfstoff bereitsteht, wobei auch dieser nicht auf Anhieb die geltenden Hygiene und Schutzkonzepte aushebeln würde. Denn nicht alle könnten sofort geimpft werden, macht
der Mediziner deutlich. „Wir werden erst nach und nach mit Impfdosen versorgt werden, sodass wir zuerst in den systemrelevanten Bereichen impfen würden.“ Krankenhaus und Pflegepersonal sowie Senioren
stünden an erster Stelle, gefolgt von chronisch Kranken.
Erst in einem dritten Schritt würden dann alle anderen geimpft. Zu einer Impfung gezwungen werden könne keiner, sofern die Politik keine Impfpflicht durchsetze.
Dennoch hofft Neveling, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen. Er rechnet mit einer Durchimpfungsquote von 85 bis 90 Prozent. Erst dann
könnte das Coronavirus besiegt sein.
Gut zu wissen
Krisenstab: Insgesamt hielt das Gremium 65 Sitzungen ab und fertigte 89 Lageberichte an.
Getestet: rund 1.900 Remscheider, davon 244 infiziert. Aktuell gibt es drei an Covid-19 Erkrankte, 18 Menschen sind verstorben, 223 gelten als genesen.
Materialausgabe: 7.000 Schutzkleidungen, 500.000 Masken, 3.000 Schutzbrillen und 2.400 Liter Händedesinfektionsmittel.
Bildquellen
- Das Notkrankenhaus in der Sporthalle Neuenkamp mit Platz für 100 zusätliche Patienten kam glücklicherweise nicht zum Einsatz und wird ab dem 13. Juli wieder abgebaut.: Foto: J.Pries