Mit Plakaten und täglichen Postings auf Instagram und Facebook wollen die Stadt Remscheid, Caritas und der Jugendrat ab sofort und bis zur Bundestagswahl am 23. Februar Wahlberechtigte, die zuletzt nicht mehr von ihrer Stimme Gebrauch machten, zum Wählen animieren. Erklärtes Ziel: Demokratie stärken. Beyza Sevinc, Shahab Hamo, Melissa Emara, David Serrano und Yana Chahliei (v.l.) präsentieren im Rathaus Remscheid die Plakatkampagne.
VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA
Mit Plakaten und täglichen Postings auf Instagram und Facebook wollen die Stadt Remscheid, Caritas und der Jugendrat ab sofort und bis zur Bundestagswahl am 23. Februar Wahlberechtigte, die zuletzt nicht mehr von ihrer Stimme Gebrauch machten, zum Wählen animieren. Erklärtes Ziel: Demokratie stärken. Beyza Sevinc, Shahab Hamo, Melissa Emara, David Serrano und Yana Chahliei (v.l.) präsentieren im Rathaus Remscheid die Plakatkampagne.
Knapp 30 Prozent der Wahlberechtigten in Remscheid nahmen an der vergangenen Bundestagswahl im Spätsommer 2021 nicht teil. Insgesamt hatten 76.192 Bürgerinnen und Bürgern der Werkzeugstadt die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben und so mitzubestimmen, wer das Land regiert. 54.868 Remscheider wählten, 21.324 nicht. Das entspricht in etwa einem großen Stadtteil. Zum Vergleich: Lennep hatte zu jenem Zeitpunkt 17.502 Wahlberechtigte. Lüttringhausen 12.268. Nicht auszumalen, wenn ganze Stadtteile von einer Wahl ausgeschlossen würden. Die Interessen anderer Stadtteile würden klar die Überhand gewinnen, der Rest möglicherweise vergessen oder gar nicht berücksichtigt. Von echter Demokratie und Mitbestimmung könnte dann nicht mehr die Rede sein.
Alle müssen mitmachen
Ähnlich verhält es sich auf Landes- und Bundesebene, wenn große Mengen auf ihr Wahlrecht verzichten: Echte Demokratie funktioniert nur, wenn alle mitmachen und man Entscheidungen nicht einigen wenigen überlässt. Doch darauf könnte es diesmal hinauslaufen, wenn die Politikverdrossenheit der Bevölkerung Überhand gewinnt. Genau hier setzt die neue Kampagne der Stadt Remscheid in Zusammenarbeit mit der Caritas und dem Jugendrat an. Rund 60 Bürgerinnen und Bürger haben sich bereit erklärt, mit ihrem Gesicht und einem Statement ein Zeichen für Demokratie zu setzen und möglichst alle zur Wahl zu bewegen. „Demokratie ist Partizipation“ ist etwa auf einer Pappe zu lesen, die ein Remscheider für die Kampagne in die Kamera hält. Auch Beyza Sevinc hat teilgenommen und blickt auf ihr frisch gedrucktes Plakat. Darauf zu sehen ist sie selbst, lachend. Auf ihrem Plakat zu lesen: „Ohne Stimme keine Zukunft“. Sie ist als Mitarbeiterin der Integrationsagentur NRW im Caritasverband Teil der Kampagne, ebenso wie die Mitglieder des Remscheider Jugendrats. Shahab Hamo (17) und David Serrano (18) wirken in einem kleinen Video mit, das dieser Tage auf dem Kampagnen-Kanal auf Instagram online gegangen ist. Auch den Jugendlichen ist es wichtig, ihre Altersgruppe zur Wahl zu bewegen. Denn viele, wissen sie aus zahlreichen Gesprächen, fühlten sich durch die große Politik überhaupt nicht angesprochen. „Viele glauben nicht, dass ihre Stimme zählt“, sagt Serrano. Er hat als politisch engagierter Jugendlicher in Remscheid natürlich eine gänzlich andere Meinung. „Ich finde es traurig, dass so viele nicht wählen gehen. Wir haben lange überlegt, wie wir diese Menschen erreichen können, denn es zählt jede Stimme.“ Vor allem in Anbetracht der erstarkenden politischen Ränder, die durchaus demokratiegefährdend sein können. Melissa Emara, die sich im Rahmen des vom Rat beschlossenen Handlungskonzepts als städtische Mitarbeiterin seit Sommer vergangenen Jahres um „NRWeltoffen“ kümmert, ein Präventionsprojekt gegen Rechtsextremismus und Rassismus, hat die Kampagne mitentwickelt. „Wir wollen Sichtbarkeit erzeugen und haben uns für einen positiven Fokus entschieden“, erklärt sie. Jene, die bislang nicht gewählt haben, sollen erfahren, dass ihre Stimme Gewicht hat. Die Kampagne, betont sie, sei nicht explizit gegen Rechts und will keinen Einfluss auf die Entscheidung nehmen. „Wir wollen die Demokratie stärken. Denn, wie der Titel sagt: Demokratie beginnt bei uns.“
Gut zu wissen
Die Plakate werden im ganzen Stadtgebiet zu sehen sein. Auf Facebook und Instagram unter „Demokratie beginnt bei uns“ werden täglich Fotos der Kampagne gepostet. Zweimal die Woche, jeweils montags und freitags, werden Reels (kurze Videos) eingestellt, in denen auch für Erstwählerinnen und -wähler erklärt wird, wie der Prozess im Wahllokal oder per Briefwahl funktioniert.