Die JVA Lüttringhausen verfügt nun über eine Sozialtherapeutische Abteilung, in der schwere Straftäter an gezielten Maßnahmen zur Rehabilitation teilnehmen.
Neue Herausforderungen und Anforderungen verändern auch die Arbeit in deutschen Gefängnissen. Um Rückfallquoten zu verringern und den Gefangenen nach der Entlassung eine wirkliche Chance auf ein neues Leben zu ermöglichen, baut das Land immer mehr auf neue Konzepte und Abteilungen in den Justizvollzugsanstalten (JVA). Die Remscheider JVA zählt dazu. In der vergangenen Woche eröffnete die JVA offiziell die neue Sozialtherapeutische Abteilung, die bereits seit Januar in Betrieb ist.
Früh ansetzen
Anders als in den normalen Zellentrakten, dürfen sich hier die Insassen innerhalb der Station bis zum Einschluss am Abend frei bewegen. Sie kochen selbst und müssen sich auch beim Putzdienst gemeinsam organisieren. Dafür stehen den Bewohnern, wie sie in der Abteilung genannt werden, auch ein eigener Nassbereich innerhalb des Haftraumes sowie Freizeiträume in der wohngruppenartigen Struktur zur Verfügung. Dadurch entsteht eine realitätsnahe Tagestruktur.
Bis zum Nachmittag arbeiten die Straftäter in einem der Arbeitsbereiche der JVA. Anschließend finden individuelle therapeutische Maßnahmen statt. Die Bewohner, die wegen schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten eine höhere oder längere Haftstrafe erhalten haben, leiden oft auch an Suchterkrankungen. Sie seien aber auch Menschen mit Bedürfnissen sowie Stärken. „Wir wollen ihnen hier vermitteln, was er heißt, ein gutes Leben zu führen“, erklärt Psychotherapeutin und Leiterin der neuen Abteilung, Petra Flaßhove-Krusche. Ziel sei es, das kriminelle Verhalten sowie das Suchtverhalten zu reduzieren.
Das setze aber auch voraus, dass der Insasse eine Bereitschaft zum Entwicklungsprozess hat, sich in die Gemeinschaft integrieren und Verantwortung übernehmen will. Offenheit, Vertrauen und Wertschätzung erfahren sie dafür vom Team, das im Sommer zusammengestellt wurde. Dazu zählen neben Flaßhove-Krusche auch eine Sozialarbeiterin sowie sieben Vollzugsbeamte, die in Zivil gekleidet sind.
Der therapeutische Maßnahmenplan enthält nicht nur einzelne Psychotherapien, sondern auch tataufarbeitende Maßnahmen und die Rückfallprophylaxe. Das Land NRW gebe ein Rahmenkonzept für die sozialtherapeutische Arbeit vor. Die konkreten Maßnahmen hat das Remscheider Team selbst erarbeitet.
Bisher sind von den 16 möglichen Plätzen sieben belegt. Allesamt waren schon vorher in der JVA. Das sei aber Zufall, erklärt JVA-Leiterin Katja Grafweg. Denn für einen Platz können sich auch Gefangene, für die eine sozialtherapeutische Behandlung angeordnet wurde, von außerhalb bewerben. Voraussetzung ist, dass die Haftzeit noch zwischen 24 und 60 Monate dauert. Denn es brauche Zeit, um mit den Therapien Erfolge zu erzielen.
Die ersten Anträge gibt es bereits. Grafweg und Flaßhove-Krusche gehen davon aus, dass die restlichen Plätze schnell belegt sind. Denn mit den neuen Plätzen gibt es in den NRW-JVAs insgesamt 339 sozialtherapeutische Plätze. „Das ist noch nicht das Ende“, versprach der anwesende NRW-Justizminister Peter Biesenbach. Die Zahl der Strafgefangenen nehme zu – genauso wie die psychischen Auffälligkeiten der Insassen. Ziel sei es, die Angebote so früh wie möglich anbieten zu können, um tatsächlich etwas zu verändern und die Rückfallquote zu verringern, betonte Biesenbach.
Bildquellen
- JVA-Leiterin Katja Grafweg, Justizminister Peter Biesenbach und Abteilungsleiterin Petra Flaßhove-Krusche (v.l.) im Freizeitraum der Sozialtherapeutischen Abteilung.: Foto: Anna Mazzalupi